Kritik an Widerstand von Traditionalisten gegen Zweites Vatikanum

Hollerich: Ohne Konzil wäre die Kirche heute eine kleine Sekte

Veröffentlicht am 19.10.2022 um 13:29 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Ohne das Zweite Vatikanum wäre die Kirche zu einer Gruppe geworden, "die schöne Rituale durchführt, von denen aber niemand etwas weiß", glaubt Kardinal Jean-Claude Hollerich. Er sprach auch über den weltweiten synodalen Prozess.

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Der Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich ist nach eigenen Worten überzeugt, dass das Zweite Vatikanische Konzil die Kirche gerettet hat. "Hätten wir nicht diesen Punkt der Reform, das Zweite Vatikanische Konzil, wäre die Kirche heute eine kleine Sekte, die den meisten Menschen unbekannt ist", sagte Hollerich dem spanischen Magazin "Vida Nueva" (Montag). "Ohne diese Versammlung wäre sie auf eine Gruppe reduziert worden, die schöne Rituale durchführt, von denen aber niemand etwas weiß." Die ganze Synodalität von Papst Franziskus gehe auf das Zweite Vatikanische Konzil zurück. "Sie ist ein Schatz für die Erneuerung der Kirche. Wir müssen uns diesen Schatz zunutze machen, über den wir nicht genug wissen", so Hollerich.

Vor allem durch Traditionalisten gebe es nach wie vor jedoch eine Menge Widerstand gegen die vom Konzil eingeführten Veränderungen. "Sie vergessen, wie sich das Wachstum der Tradition entwickelt", kritisierte Hollerich. "Es ist ein bisschen so wie bei den Netflix-Serien: Sie erzählen einen Teil der Geschichte, aber sie sind erfunden, sie sind nicht real." Daher sei es kein Zufall, dass traditionalistische Bewegungen gerade in Frankreich und den USA junge Menschen anzögen. Besonders in den beiden Ländern gibt es viele Anhänger der vorkonziliaren Messform.

"Der Heilige Geist ist nicht nur der Hierarchie vorbehalten"

Angesprochen auf die Weltsynode zum Thema Synodalität sagte Hollerich, der Generalrelator der Synode ist, dass diese zu einer Erneuerung führen werde, "um dem Heiligen Geist in der Kirche Raum zu geben". "Es gab immer Platz für ihn, aber wir haben nicht immer auf ihn gehört", so der Kardinal. "Der Heilige Geist ist nicht nur der Hierarchie vorbehalten, sondern wirkt in der Kirche für alle." Daher müsse auch berücksichtigt werden, was alle Getauften zu sagen hätten und nicht nur das, was die Bischöfe sagten. "Sie stehen im Dienst des heiligen Gottesvolkes und müssen daher stets zuhören, verstehen und einen Konsens finden."

Hollerich kündigte an, dass in Kürze das Arbeitsdokument für die kontinentale Phase der Synode veröffentlicht werde, über das er sich sehr freue, "weil es das Modell der synodalen Kirche verkörpert". Am Sonntag hatte Papst Franziskus angekündigt, den 2021 gestartetem weltweiten synodalen Prozess um ein Jahr zu verlängern. Die Weltbischofssynode solle im Oktober 2023 und außerdem im Oktober 2024 über die Ergebnisse des weltweiten Konsultationsprozesses beraten. Das Synodensekretariat teilte im Anschluss mit, dass die Verlängerung vom Wunsch getragen sei, "die gesamte Kirche" am Beratungsprozess zu beteiligen. (cbr)