"Bei allem Respekt für Seine Heiligkeit, wir brauchen keine Vermittler"

Nach Treffen: Selenskyj betont Differenzen mit Papst Franziskus

Veröffentlicht am 14.05.2023 um 09:59 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Soll der Vatikan im Ukraine-Krieg vermitteln? Präsident Wolodymyr Selenskyj sagt nach seinem Gespräch mit Papst Franziskus, sein Land brauche keine Vermittler, sondern einen "gerechten Frieden". Der Friedensplan müsse ukrainisch sein.

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Zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Papst Franziskus gibt es offenbar klare Differenzen mit Blick auf eine mögliche Vermittlerrolle des Vatikans in Russlands Krieg gegen die Ukraine. Nach dem Treffen mit dem Papst im Vatikan am Samstagnachmittag erklärte Selenskyj am Abend im italienischen Fernsehen: "Es war für mich eine Ehre, Seine Heiligkeit zu treffen, aber er kennt meine Position. Der Krieg ist in der Ukraine und der Friedensplan muss ukrainisch sein. Wir sind sehr interessiert daran, den Vatikan für unsere Friedensformel zu gewinnen."

Weiter sagte Selenskyj: "Bei allem Respekt für Seine Heiligkeit, wir brauchen keine Vermittler. Wir brauchen einen gerechten Frieden. Wir laden den Papst ebenso wie alle anderen Führer ein, für einen gerechten Frieden einzutreten, aber vorher müssen wir alles Übrige erledigen." Mit Blick auf einen möglichen Verhandlungsfrieden sagte Selenskyj: "Mit Putin kann man nicht verhandeln, kein Staat der Welt kann das machen."

Unterdessen verbreitete das vatikanische Portal "Vatican News" Aufnahmen von der Begegnung des ukrainischen Präsidenten mit dem Papst, die zeigen, wie Selenskyj sich vor seinem Gastgeber hinsetzte und zur Begrüßung einer weiteren Person nicht vom Platz erhob, während der Papst weiterhin stand. Bilder vom langen Gespräch mit dem Papst, bei dem vor Selenskyj ausführliche Sprechzettel auf dem Tisch lagen, zeigten Papst Franziskus und seinen Gast in angespannter Haltung.

Humanitäre Vermittlung bei deportierten Kindern

Übereinstimmung zwischen beiden Seiten gab es offenbar bei der Frage einer humanitären Vermittlung des Heiligen Stuhls bezüglich der nach Russland deportierten ukrainischen Kinder. Selenskyj betonte nach seinem Treffen mit Papst Franziskus, dass dies ein separater Punkt in den Gesprächen gewesen sei.

In einer Videobotschaft an die Ukrainer betonte Selenskyj am Samstagabend: "Ich glaube, dass der Wille und die Aufrichtigkeit Seiner Heiligkeit die Umsetzung unserer Friedensformel näher bringen kann, einen gerechten und ehrlichen Frieden näher bringen kann." Auf Twitter kritisierte der ukrainische Präsident die bisherige Neutralität des Vatikans gegenüber den Kriegsparteien. Bei der Begegnung habe er Franziskus gebeten, "die russischen Verbrechen in der Ukraine zu verurteilen". Selenskyj weiter: "Denn man kann Opfer und Aggressor nicht gleichsetzen". Der Papst vermied bisher stets, den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Schuldigen an dem Krieg zu benennen und erwähnte in Ansprachen neben den ukrainischen Opfern wiederholt auch die am Krieg leidenden Menschen in Russland. (mal/KNA)

14.5., 12:15 Uhr: Meldung aktualisiert um Videobotschaft Selenskyjs.

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