Laien-Vertreter bezweifeln unparteiische Untersuchung

Wegen Liturgie-Streit: Papst ernennt Delegat für gespaltenes Erzbistum

Veröffentlicht am 01.08.2023 um 12:14 Uhr – Lesedauer: 

Kochi ‐ Seit Jahren tobt im indischen Großerzbistum Ernakulam-Angamaly ein Streit um die richtige Zelebrationsrichtung des Priesters in der Messe. Nun unternimmt Papst Franziskus einen neuen Versuch zur Befriedung der tief gespaltenen Diözese.

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Papst Franziskus hat einen Delegaten für das syro-malabarische Großerzbistum Ernakulam-Angamaly in Indien ernannt. Der slowakische Erzbischof Cyril Vasil soll einen Weg aus der tiefen Krise finden, in der sich die Erzdiözese im südwestindischen Bundesstaat Kerala befindet, teilte die syro-malabarische Kirche am Montag mit. Der Jesuit und Erzbischof der Eparchie Košice der griechisch-katholischen Kirche in der Slowakei werde am 4. August in Indien eintreffen und seine Arbeit aufnehmen, heißt es in der Mitteilung weiter. Die Bischofssynode der syro-malabarischen Kirche hatte sich im Juni für den vatikanischen Vorschlag der Ernennung eines Päpstlichen Delegaten für das Großerzbistum ausgesprochen. Vasil ist promovierter Kirchenrechtler und gilt als Spezialist für die katholischen Ostkirchen. Von 2009 bis 2020 war er als Sekretär der Kongregation für die orientalischen Kirchen der zweithöchste Beamte des Dikasteriums.

Das Großerzbistum ist seit Jahren durch einen liturgischen Streit tief gespalten. Bei der Auseinandersetzung geht es vor allem um die Zelebrationsrichtung des Priesters während der Heiligen Messe: Traditionalisten fordern, dass der Zelebrant gemeinsam mit den Gläubigen in Richtung Osten betet, Reformkräfte setzen sich für die Feier mit dem Gesicht zur Gemeinde ein. Ein Kompromiss der syro-malabarischen Synode vom August 2021 sieht vor, dass der Priester bis zum Hochgebet zur Gemeinde hin zelebriert und sich dann erst zum Ende des Gottesdienstes wieder zur Gemeinde umdreht. An dieser Regelung wurde Kritik laut, weil sie ohne Beratungen mit Priestern und Laien erfolgt sei.

Bild: ©KNA

Kardinal George Alencherry ist seit 2011 Großerzbischof von Ernakulam-Angamaly im südwestindischen Kerala. Damit ist er das Oberhaupt der Gläubigen des syro-malabarischen Ritus.

Zudem steht der Leiter des Großerzbistums Ernakulam-Angamaly, Kardinal George Alencherry, wegen eines Finanzkonflikts in der Kritik. Alencherry wird vorgeworfen, ohne Zustimmung der zuständigen Gremien Grundstücksgeschäfte getätigt zu haben, die zu einem Verlust von umgerechnet etwa 10 Millionen Euro geführt hatten. Der Großerzbischof gestand daraufhin ein, Verwaltungsfehler begangen zu haben, verwies jedoch darauf, wie vorgesehen den Priesterrat beteiligt zu haben. Gegen Alencherry sind Strafprozesse an staatlichen Gerichten anhängig, auch vor Kirchengerichten musste er sich verantworten. Aufgrund der Vorwürfe setzte der Papst 2018 einen Apostolischen Administrator für das Großerzbistum ein, der nach gut einem Jahr wieder von diesem Amt entbunden wurde. Seit Ende Juli 2022 wird mit Erzbischof Andrews Thazhath das Großerzbistum wieder von einem Apostolischen Administrator mitgeleitet.

Laienvertreter aus dem Großerzbistum, die die Proteste gegen Alencherry anführen, kritisierten die Ernennung Vasils zum Delegaten, weil sie an seiner Unparteilichkeit zweifeln. Sie befürchten, dass seine Mission darin bestehe, den Kardinal "weißzuwaschen", heißt es in einer Mitteilung der Protestler, berichtete die Nachrichtenseite "Matters India". Zudem merkten sie kritisch an, dass Vasil gemeinsam mit dem aktuellen Apostolischen Administrator Thazhath in Rom studiert habe. Die Ernennung des Delegaten zeige, dass weder der Vatikan noch die syro-malabarische Synode eine "ehrliche und unparteiische Lösung des Problems" angingen.

Die mit Rom unierte syro-malabarische Kirche in Kerala führt ihre Wurzeln auf den Apostel Thomas zurück, der Jerusalem im Jahr 40 verlassen haben soll und der Legende nach im Jahr 53 nach Indien kam. Zum Großerzbistum Ernakulam-Angamaly gehören über 650.000 Katholiken. (rom)