Erst seit 2010 ist er im Einsatz – wie es dazu kam

Der Schutzpatron des Fußballs ist Italiener!

Veröffentlicht am 12.07.2021 um 10:29 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der englische Traum vom ersten Titelgewinn nach 55 Jahren ist zunichte, Italien triumphierte im Elfmeterschießen und ist neuer Fußball-Europameister. Möglicherweise hatte dabei auch ein ganz bestimmter Heiliger seine Finger mit im Spiel.

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Während Reisende auf den heiligen Christophorus vertrauen, bemühen Schussel gerne den "Schlampertoni" von Padua; Journalisten beschützt Franz von Sales, Feuerwehrmännern hilft St. Florian und Seefahrer bauen auf den heiligen Nikolaus: Zum Glück – so scheint es – hat die Kirche für jedes Anliegen, für jeden Beruf einen eigenen Schutzpatron parat. Tatsächlich für alles und jeden? Nein: Bis vor wenigen Jahren schauten der Fußballsport, seine Spieler und Fans dumm aus der Wäsche. Einen eigenen himmlischen Ansprechpartner hatten die Freunde des runden Leders bis dato nicht. Zwar gab und gibt es einen allgemeinen Patron der Sportler, den heiligen Sebastian – aber ob der bei der Fülle von Sportarten immer zur Stelle sein kann, wenn man ihn gerade braucht?

Diese Frage stellte sich vermutlich auch Manfred Pesek. Der österreichische Geschäftsmann und Fußballfan hatte im Vorfeld der WM 2010 die klaffende Lücke in der Liste der Schutzpatrone entdeckt und sah Handlungsbedarf. Wie er damals der "Zeit" erzählte, entschied sich Pesek, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, und stand zunächst vor einer großen Frage: Wie wird eigentlich ein Heiliger "offiziell" Schutzpatron? Pesek machte sich kundig und kam zu einem erstaunlichen Ergebnis: Prinzipiell hat jeder Gläubige das Recht, einen Schutzpatron vorzuschlagen – am Ende muss nur der jeweilige Bischof zustimmen.

Mit dieser Information im Hinterkopf begannen Pesek und seine Helfer damit, einen passenden Fußball-Patron zu recherchieren. Sage und schreibe 13.000 Heilige untersuchte das Team auf ihre Tauglichkeit und stellte dabei Fragen wie: War er oder sie gut zu Kindern? Hat der Heilige gesellschaftliche Verantwortung übernommen? Nach dem aufwendigen Casting hatte Pesek eine Top-Ten-Liste potenzieller Schutzpatrone zusammengestellt. Doch natürlich konnte es nur einer werden.

And the winner is…

Die Wahl fiel auf einen eher unbekannten Kandidaten: Luigi – auch Aloisius – Scrosoppi. Der wurde am 4. August 1804 im norditalienischen Udine (damals Kaiserreich Österreich) geboren und ließ sich wie sein älterer Bruder Carlo im Jahr 1827 zum Priester weihen. Luigi schloss sich dem Dritten Orden der Franziskaner an und widmete sich mit Eifer dem Bau eines Waisenhauses. 1837 gründete er die Kongregation der "Schwestern von der Göttlichen Vorsehung vom heiligen Gaetano Thiene", die 1862 von Papst Pius IX. anerkannt wurde. Im Jahr 1857 hatte Luigi zudem ein Heim für gehörlose Mädchen gegründet. Vom Volk wurde der 1884 verstorbene Scrosoppi als Freund der Kinder, Armen und Kranken verehrt – all das passte perfekt in das Anforderungsprofil von Manfred Pesek.

Aloisius "Luigi" Scrosoppi, Schutzheiligen für den Fußball
Bild: ©picture alliance/dpa/Peter Steffen

Diese Statue von Aloisius "Luigi" Scrosoppi, dem Schutzheiligen für den Ballsport und damit auch den Fußball, steht in der katholischen St.-Joseph-Kirche in Hannover.

Ein knappes Jahrhundert nach seinem Tod, am 4. Oktober 1981, wurde Luigi Scrosoppi durch Papst Johannes Paul II. seliggesprochen, am 10. Juni 2001 erfolgte die Kanonisation. Sein Gedenktag in der Liturgie ist der 3. April. Doch damit ist die Geschichte noch nicht beendet, denn Pesek gelang es tatsächlich, mit seinem Kandidaten zu überzeugen. Im Anliegen, Luigi zum Fußball-Patron zu machen, erhielt er Unterstützung vom damaligen Bischof von Gurk-Klagenfurt, Alois Schwarz, Erzbischof Andrea Bruno Mazzocato von Udine und der Sektion "Kirche und Sport" im Päpstlichen Laienrat.

Seit 2010 haben Fußballspieler und -fans Luigi Scrosoppi zum Patron

Am 22. August 2010 war es dann soweit: In einem feierlichen Gottesdienst in Pörtschach am Wörthersee enthüllte und weihte Bischof Schwarz höchstselbst eine eigens in Auftrag gegebene Statue Luigis – die natürlich einen Fußball in der Hand hält. Aus seiner eigenen Begeisterung machte der Bischof in seiner Predigt keinen Hehl: "Endlich haben alle Fußballspieler und -fans einen Schutzpatron, den sie anrufen können!" Damit war Luigi Scrosoppi "offiziell" in die Liste der Schutzpatrone aufgenommen und gläubige Fußballfreunde hatten fortan einen 12. Mann in ihrer Mannschaft.

Sicher: Ein Patron kann schwerlich einem bestimmten Team allein gehören. Aber vielleicht haben italienische Spieler und Fans beim Elfmeter-Krimi am Sonntagabend doch ein kleines Stoßgebet gesprochen: "Heiliger Luigi, bitte für uns!"

Von Tobias Glenz

Dieser Artikel wurde nach dem Finale der Fußball-Europameisterschaft 2021 aktualisiert erneut veröffentlicht.