Kardinal hatte turnusmäßig seinen Rücktritt angeboten

Turkson raus: Czerny leitet Entwicklungsdikasterium übergangsweise

Veröffentlicht am 23.12.2021 um 12:16 Uhr – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Zunächst hatten Medien darüber spekuliert, dann teilte Kardinal Turkson selbst mit, turnusmäßig seinen Rückttritt als Präfekt des Entwicklungsdikasteriums angeboten zu haben: Nun hat der Papst ihn abberufen. Kardinal Czerny übernimmt interimsweise.

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Papst Franziskus hat den Rücktritt von Kardinal Peter Turkson als Präfekt des Dikasteriums für ganzheitliche Entwicklung angenommen und Kardinal Michael Czerny übergangsweise mit der Leitung beauftragt. Der Vatikan teilte am Donnerstag mit, dass der Papst am Ende der fünf Jahre seit Gründung des Dikasteriums und nach Auswertung der Ergebnisse der Visitation im Sommer Turkson und seinen Mitarbeitern für ihr Engagement danke. Ab dem 1. Januar 2022 wird die Leitung "ad interim" dem bisherigen Untersekretär der Abteilung für Migranten und Flüchtlinge des Dikasteriums, Czerny, als Präfekten sowie Schwester Alessandra Smerilli FMA als Sekretärin übertragen, die diesen Posten bereits seit dem vergangenen Sommer ausübte. "Der Heilige Vater möchte Kardinal Peter K. Appiah Turkson und seinen Mitarbeitern für ihren Dienst aufrichtig danken", heißt es in der Mitteilung.

In der vergangenen Woche kamen erste Gerüchte über den Rücktritt Turksons auf, der als Papstvertrauter gilt. Turkson bestätigte die Gerüchte auf Twitter und bei einer Pressekonferenz im Vatikan am Dienstag und bezeichnete seinen Rücktritt als üblichen Vorgang am Ende seiner turnusmäßigen fünfjährigen Amtszeit. Papst Franziskus hatte das Dikasterium zum 1. Januar 2017 für eine Erprobungszeit von zunächst fünf Jahren errichtet und Turkson zu seinem ersten Präfekten ernannt. Der Kardinal aus Ghana leitete damit das Dikasterium, das als Schlüsselbehörde für das Pontifikat von Franziskus gilt und für Gerechtigkeit und Frieden, Migration, Gesundheit, Wohltätigkeit und Bewahrung der Schöpfung zuständig ist. Die Zentralbehörde übernahm nach ihrer Gründung die Aufgaben der Päpstlichen Räte für Gerechtigkeit und Frieden, für die caritativen Aufgaben (Cor Unum), für Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs und für die Pastoral im Krankendienst.

Ehemalige Untersekretäre Czerny und Smerilli übernehmen die Leitung

Der Kanadier Czerny, wie Franziskus Mitglied des Jesuitenordens, wurde 2019 ins Kardinalskollegium aufgenommen. Die Bischofsweihe spendete ihm der Papst persönlich, Turkson war Mitkonsekrator. Trotz seiner Erhebung zum Kardinal blieb er als Untersekretär im Entwicklungsdikasterium auf dem Posten, den er seit Errichtung der Behörde ausübte. Normalerweise ist es üblich, dass Kardinäle anderen Kardinälen nicht untergeordnet sind. Im vergangenen Jahr wurde der 1946 in der damaligen Tschechoslowakei geborene Czerny zum Mitglied der Kongregation für die Evangelisierung der Völker und des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog ernannt. Vor seiner Berufung an die Kurie leitete er das "African Jesuit AIDS Network". 2010 wurde Czerny als persönlicher Assistent von Turkson an den Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden berufen.

Die italienische Don-Bosco-Schwester und Wirtschaftswissenschaftlerin Smerilli wurde im März zur Untersekretärin des Entwicklungsdikasteriums mit der Zuständigkeit für Glaube und Entwicklung ernannt. Im August übernahm sie die Aufgaben des vorigen Sekretärs, Bruno Marie Duffe, und des beigeordneten Sekretärs, Augusto Zampini, kommissarisch. Der Weggang der beiden Priester in ihre Heimatländer Frankreich und Argentinien wurde als Beleg für Spannungen innerhalb des Dikasteriums und Führungsprobleme gewertet.

Kein Afrikaner mehr an der Kurienspitze

Der 1948 im heutigen Ghana geborene Turkson war Erzbischof von Cape Coast und Vorsitzender der ghanaischen Bischofskonferenz. 2003 wurde er zum Kardinal erhoben und 2009 von Papst Benedikt XVI. als Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden an die Kurie geholt. Zuletzt hatte Papst Franziskus ihn im Februar zum Mitglied der Kardinalskommission der Güterverwaltung des Apostolischen Stuhls berufen. Turkson galt bislang als Vertrauter von Franziskus und wurde bereits beim letzten Konklave 2013 als möglicher Papst gehandelt. Der 73-Jährige hat weder das Rücktrittsalter von 75 Jahren für Bischöfe noch das Alter von 80 Jahren, in denen Kardinäle ihr aktives Wahlrecht im Konklave verlieren, erreicht. Über seine Zukunft ist bisher noch nichts bekannt.

Bereits Anfang des Jahres hatte der Papst den Rücktritt des guineischen Kardinals Robert Sarah als Präfekt der Liturgiekongregation angenommen. Mit dem Abgang Turksons steht damit künftig seit Jahrzehnten kein afrikanischer Kardinal mehr an der Spitze eines Dikasteriums der Kurie. Seit der Berufung des beninischen Kardinals Bernardin Gantin zum Präsidenten des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden im Dezember 1976 war mit Ausnahme der Zeit zwischen Dezember 2008 und Oktober 2009 immer mindestens ein Afrikaner unter den Leitern der Dikasterien. In Afrika geboren ist unter den Leitern eines Dikasteriums lediglich der Präfekt der Apostolischen Signatur, Kardinal Dominique Mamberti. Geburtsort des Franzosen ist Marrakesch in Marokko. (fxn)