Details zur Audienz, die den Privatsekretär zum Schweigen brachte

Zeitung: Papst hat mit Gänswein über Benedikts Erbschaft gesprochen

Veröffentlicht am 09.02.2023 um 11:34 Uhr – Lesedauer: 

Mailand ‐ Eine Papstaudienz sorgte für ein abruptes Ende der Medienoffensive des früheren Privatsekretärs von Benedikt XVI. Seit Franziskus ihn einbestellt hat, hüllt sich Georg Gänswein in Schweigen. Nun will eine Zeitung wissen, um was es dabei ging.

  • Teilen:

Einem Medienbericht zufolge soll es bei der Papstaudienz von Erzbischof Georg Gänswein Anfang Januar um das Erbe des verstorbenen Papstes Benedikt XVI. gegangen sein. Unter Berufung auf anonyme Quellen soll laut der italienischen Zeitung "Libero" (Mittwoch) Papst Franziskus mit dem ehemaligen Privatsekretär des emeritierten Papstes über dessen Nachlass gesprochen haben. In seinem Buch über seine Zeit an der Seite Benedikts hatte Gänswein mitgeteilt, dass er zum Testamentsvollstrecker des Verstorbenen eingesetzt worden sei. Zuletzt sei das Testament 2021 geändert worden.

Gänswein berichtete von einem Auftrag Benedikts, dessen private Notizen vollständig zu vernichten. Außerdem habe er genaue Anweisungen erhalten, wem er was übergeben solle, vor allem aus seiner Bibliothek, von seinen Buchmanuskripten bis hin zu Dokumenten aus der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) und der Korrespondenz. Die Ankündigung der Vernichtung von Unterlagen sorgte für Kritik seitens des Rechtsanwalts Ulrich Wastl, der das Münchner Missbrauchsgutachten verantwortet. In dem Bericht von "Libero" wird angedeutet, dass der Papst Gänswein eingeschärft habe, dass die Verfügungsgewalt über den Nachlass eines verstorbenen Papstes dem Heiligen Stuhl zukomme.

Indiskretionen aus dem Konklave

Ein weiteres Thema in der Audienz seien die Abschnitte aus Gänsweins Buch zum Konklave gewesen, in dem Kardinal Joseph Ratzinger zum Papst gewählt wurde. Laut "Libero" habe Papst Franziskus auf die strengen Geheimhaltungsregeln der Konklaveordnung verwiesen, die Strafen bis hin zur Exkommunikation vorsehen. Der Papst habe auch die Möglichkeit einer kanonischen Untersuchung angedeutet, wenn Gänswein nicht schweigen würde. Gegenüber der Zeitung wollte sich der ehemalige Privatsekretär in der Sache nicht äußern. Stattdessen verwies er auf das Buch Kohelet: "Es gibt eine Zeit zum Schweigen, und es gibt eine Zeit zum Reden".

Nach dem Tod des emeritierten Papstes war Gänswein in den Medien verstärkt präsent. In mehreren Interviews betonte er die Bedeutung Benedikts XVI. und gab Einblicke in die Gefühls- und Gedankenwelt des Verstorbenen. Gegenüber dem Fernsehsender EWTN hielt er eine schnelle Seligsprechung für möglich. Vor allem sein Buch "Nichts als die Wahrheit" sorgte mit Einblicken in mehrere Jahrzehnte der gemeinsamen Arbeit der beiden Geistlichen für Aufsehen. Die Veröffentlichung unmittelbar nach dem Tod Benedikts XVI. sei aber eine Verlagsentscheidung gewesen, die nicht mehr aufzuhalten war, sagte Gänswein. Die Medienoffensive des Privatsekretärs sorgte für Kritik von Kardinälen und anderen Bischöfen.

Während des Rückflugs von seiner Zentralafrika-Reise äußerte sich Papst Franziskus am Sonntag zum Verhältnis mit seinem Vorgänger. Entgegen Medienberichten betonte er, wie gut es gewesen sei. Der Tod Benedikts sei gegen ihn instrumentalisiert worden. Wer seinen verstorbenen Vorgänger, einen guten und gottesfürchtigen Mann, dazu benutze, habe keine Ethik und handle nicht als Mensch der Kirche, sagte Franziskus, ohne Namen zu nennen. (fxn)