Ex-Kardinal McCarrick in Wisconsin wegen Missbrauchs angeklagt

Der frühere Kardinal Theodore McCarrick (92) wird zum zweiten Mal wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs angeklagt. Der ehemalige Erzbischof von Washington steht in Wisconsin wegen eines mutmaßlichen Übergriffs vom April 1977 vor Gericht, wie US-Medien (Dienstag) berichten. Ihm wird vorgeworfen, bei einem Aufenthalt am Genfer See einem damals 18-oder 19-Jährigen beim Baden an die Genitalien gefasst zu haben. Außerdem berichtete das mutmaßliche Opfer, er sei elf Jahre alt gewesen, als McCarrick sich zum ersten Mal vor ihm entblößt habe. Der Geistliche habe ihn häufig – unter anderem auf Partys – sexuell missbraucht.

McCarrick steht auch wegen des Vorwurfs sexueller Übergriffe in Massachusetts vor Gericht. Der einst einflussreiche Geistliche war 2019 von Papst Franziskus aus dem Klerikerstand entfernt worden, nachdem sich einschlägige Vorwürfe gegen ihn in einer kirchlichen Untersuchung erhärtet hatten. Es wird erwartet, dass der Anwalt des ehemaligen Kardinals wie im ersten Fall argumentieren wird, McCarrick sei aufgrund fortschreitender Demenz nicht verhandlungsfähig. Mitte Januar hatten seine Rechtsanwälte beim Bezirksgericht Dedham in Massachusetts die Einstellung des Strafverfahrens beantragt, weil sich ihr Mandant laut einem neurologischen Gutachten im Zustand eines "signifikant" geistigen Verfalls befinde. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, die gesundheitliche Verfassung des 92-Jährigen durch eigene Experten untersuchen zu lassen.

Vielzahl von Missbrauchsvorwürfen gegen McCarrick

McCarrick hatte im September 2021 bei einer Anhörung in Dedham Vorwürfe bestritten, Mitte der 70er Jahre einen damals Minderjährigen sexuell missbraucht zu haben. Zur damaligen Zeit war McCarrick Priester in New York. Die jetzt in Wisconsin erhobene zweite Anklage basiert nach Angaben des Bundesstaats auf einer vor zwei Jahren begonnenen Untersuchung des Generalstaatsanwalts in den fünf katholischen Bistümern von Wisconsin. Das Erzbistum Milwaukee bezeichnete die Überprüfung als gezielten Antikatholizismus, während einige Anwälte der Betroffenen das Vorgehen des Staates als nicht weitgehend genug bemängelten.

In den letzten Jahren sind eine Vielzahl von Missbrauchsvorwürfen gegen McCarrick erhoben worden. Vor allem aufgrund von Verjährungsfristen konnten jedoch nur wenige strafrechtlich verfolgt werden. Einige Untersuchungen laufen noch. (KNA)