Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs

Bistum Mainz zahlt 340.000 Euro an einen Missbrauchsbetroffenen

Veröffentlicht am 25.06.2025 um 17:57 Uhr – Lesedauer: 

Mainz ‐ Erstmals hat ein Missbrauchsbetroffener das Bistum Mainz auf Schmerzensgeld verklagt. Das Verfahren endete nun mit einem Vergleich. Die Bevollmächtigte des Generalvikars im Bistum, Stephanie Rieth, zeigte sich erleichtert.

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Das Bistum Mainz hat sich in einem Vergleich vor dem Mainzer Landgericht dazu verpflichtet, einem Betroffenen sexualisierter Gewalt insgesamt 340.000 Euro zu bezahlen. Das Bistum bestätigte am Mittwoch auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) einen Bericht der Mainzer "Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch online).

Der Betroffene wurde laut der Zeitung ab dem Alter von elf Jahren im Zeitraum von November 1986 bis September 1991 regelmäßig von einem Pfarrer misshandelt und hatte geklagt, um das Bistum in Haftung zu nehmen. Vorausgegangen war dem Prozess ein Verfahren der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA), die im Auftrag der Kirche weisungsfrei über Entschädigungszahlungen von Missbrauchsopfern entscheidet. Die UKA hatte dem Mann bereits eine Zahlung von 240.000 Euro zugesprochen. Der Kläger empfand jedoch sowohl die Summe als auch den Umgang des Bistums und der UKA als nicht angemessen und zog daher vor Gericht.

"Entschuldigung für Unzulänglichkeiten"

Die Bevollmächtigte des Generalvikars im Bistum Mainz, Stephanie Rieth, die in der Diözese für die Missbrauchsaufarbeitung verantwortlich ist, sagte am Mittwoch der KNA: "Bei dem vorliegenden Fall war das Bistum Mainz erstmals mit der Schmerzensgeldklage eines Betroffenen konfrontiert. Ich bin dankbar, dass die Klage in einem Vergleich vor Gericht abgeschlossen werden konnte." Sie habe während des Gerichtsverfahrens den Betroffenen "nochmals im Namen des Bistums Mainz um Entschuldigung gebeten, auch für die Unzulänglichkeiten, die er im Umgang mit seinen Anliegen erlebt hat".

Der Kläger hatte demnach zunächst 50.000 Euro im Verfahren zur Anerkennung des Leids vom Bistum Mainz erhalten. In der vergangenen Woche hatte ihm die UKA dann eine weitere Zahlung in Höhe von 190.000 Euro zugesprochen.

Im Rahmen des gerichtlichen Vergleichs habe das Landgericht Mainz jetzt eine Schmerzensgeldsumme von insgesamt 300.000 Euro für angemessen erklärt und darüber hinaus einen Betrag für zukünftigen Erwerbsausfall des Klägers benannt. "Über die 240.000 Euro, die dem Kläger von der UKA zugesprochen wurden, erhält der Kläger im Rahmen des Vergleichs nun weitere 100.000 Euro als Schmerzensgeld und für den künftigen Erwerbsausfall", erläuterte Rieth.

Stephanie Rieth
Bild: ©KNA/Bert Bostelmann (Archivbild)

Sie habe während des Gerichtsverfahrens den Betroffenen "nochmals im Namen des Bistums Mainz um Entschuldigung gebeten, auch für die Unzulänglichkeiten, die er im Umgang mit seinen Anliegen erlebt hat", sagte Stephanie Rieth. Seit 2022 ist sie die Bevollmächtigte des Generalvikars im Bistum Mainz.

In einem ähnlichen Fall hatte das Landgericht Köln einem Mann, der in seiner Zeit als Messdiener im Erzbistum Köln missbraucht wurde, das bislang höchste derartige Schmerzensgeld von 300.000 Euro zugesprochen. Ursprünglich hatte er 750.000 Euro gefordert.

Ein Sprecher der Diözese Mainz sagte, weitere Schmerzensgeldklagen gegen das Bistum lägen derzeit nicht vor. Im Bistum Mainz gingen laut Rieth seit 2011 insgesamt 155 Anträge auf Leistungen in Anerkennung des Leids ein, die an die UKA weitergeleitet worden seien. Seit März 2023 gibt es die Möglichkeit einen Widerspruch gegen die Entscheidung der Kommission einzulegen. Dieses Widerspruchsverfahren sei bisher von 30 Betroffenen in Anspruch genommen worden.

Bisher 2,6 Millionen Euro ausgezahlt

"Bisher wurde eine Summe von insgesamt rund 2,6 Millionen Euro an die Betroffenen ausgezahlt", sagte Rieth. Der niedrigste Betrag lag demnach bei 1.000 Euro, der höchste Betrag bei 300.000 Euro. Zur Finanzierung von Therapien für Missbrauchsopfer habe das Bistum Mainz zusätzlich bislang rund 306.000 Euro aufgewendet. 

Rieth, die seit mehr als drei Jahren im Bistum Mainz die Verantwortung für die Aufarbeitung sexueller Gewalt hat, sagte: "Es sind Fehler in der Vergangenheit gemacht worden. Wir können diese Vergangenheit nicht ändern. Aber wir tun alles dafür, dass dies nicht mehr geschieht." Daher mache sich das Bistum für eine "Kultur der Achtsamkeit" stark. "Wir sind heute andere Verantwortungsträger als früher und gestalten diesen Kulturwandel im Bistum mit großer Priorität", betonte Rieth.

Laut "Mainzer Allgemeine" war nicht nur der Verfahrensgang, sondern auch die Argumentation des Mainzer Landgerichts im vorliegenden Fall ungewöhnlich: Das Bistum habe – wie in solchen Verfahren oftmals üblich – mit Verjährung der Taten argumentiert. "Das wollte das Landgericht nicht gelten lassen, da dem Mann aufgrund der erlebten Traumatisierung eine deutlich längere Verjährungsfrist zustehe", schrieb die Zeitung. (KNA)