Scharfe Kritik am Moskauer Patriarchen

Kardinal Duka: Kyrills Unterstützung für Putin ist "Tragödie"

Veröffentlicht am 22.03.2022 um 15:50 Uhr – Lesedauer: 

Prag ‐ Weil er Kreml-Chef Wladimir Putin unterstützt, erntet der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. nun scharfe Kritik von Kardinal Dominik Duka. Der Prager Erzbischof zieht dabei historische Vergleiche – und glaubt an eine Niederlage Russlands.

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Der Prager Erzbischof, Kardinal Dominik Duka (78), hat den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. für die Unterstützung von Wladimir Putin scharf kritisiert. Dass der Moskauer Patriarch den russischen Angriff auf die Ukraine quasi als berechtigte Vergeltung für eine Vernichtung der Russen im Donbass bezeichne, sei "ein Versagen, eine Tragödie", sagte Duka laut dem kirchlichen Nachrichtenportal cirkev.cz (Dienstag) im Interview des öffentlich-rechtlichen Senders CTV.

Historisch betrachtet müsse man sagen, dass "die byzantinischen und die russischen Patriarchen sehr häufig zu Kaplänen des Kaisers oder des Zaren wurden und die Politik ihres Landes unterstützten", so der Kardinal und frühere Vorsitzende der Tschechischen Bischofskonferenz. Dagegen hätten die zur Zeit der Oktoberrevolution und der kommunistischen Diktatur ermordeten Priester Mut bezeugt. Es sei "schade, dass der Herr Patriarch nicht aus diesem geistlichen Schatz der russisch-orthodoxen Kirche lebt", so Duka.

Die Welt von heute verlasse sich auf "Macht, Finanzen und Reichtum". Plötzlich aber sei sie "Zeuge, dass ein verhältnismäßig armes Land mit einer nicht gut bewaffneten Armee schon drei Wochen einer der Weltmächte zu trotzen vermag", sagte der böhmische Primas, dessen Vater Offizier war. Er sehe darin einen "Beleg dafür, dass Familie, Volk, Heimat keine leeren Worte sind". Dies sei "gewiss eine Ermunterung für uns alle", so der Kardinal. In der Ukraine gehe von der katholischen Kirche, namentlich vom griechisch-katholischen Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk, eine "Kraft des Wortes" aus.

Putin müsse sich eingestehen, "dass er den Krieg verloren hat"

Der Dominikaner Duka war wegen seines Menschenrechtsengagements während der KP-Diktatur in seiner Heimat Anfang der 1980er-Jahre zeitweise inhaftiert und teilte eine Zelle mit dem Schriftsteller, Regimegegner und späteren ersten tschechoslowakischen Präsidenten nach der Wende Vaclav Havel (1936-2011).

Er sehe "Parallelen zwischen der russischen Öffentlichkeit unter dem Druck des totalitären Staates und dem Leben in der totalitären Tschechoslowakei", sagte der Kardinal. "Jegliche Unterstützung, Reden, das Schicken von Briefen und bestimmte Demonstrationen" seien eine "Ermutigung auch des inneren Widerstands gegen Präsident Putin", der sich eingestehen müsse, "dass er den Krieg verloren hat".

Patriarch Kyrill hatte mehrfach den Westen für den Ukraine-Krieg verantwortlich gemacht. Zudem rechtfertigte er die russische Invasion als "metaphysischen Kampf" und legitimierte sie indirekt damit, Gläubige sollten vor "Gay-Pride-Paraden" Homosexueller geschützt werden. Dem Chef der russischen Nationalgarde überreichte er eine Ikone. (tmg/KNA)