"Wir wissen, dass das Vaterland niemandem etwas Böses angetan hat"

Russischer Patriarch Kyrill I. verteidigt erneut Kreml-Kurs

Veröffentlicht am 04.07.2022 um 14:46 Uhr – Lesedauer: 
Festlicher Ostergottesdienst mit dem russisch-orthodoxen Patriarch Kyrill I. in der Christ-Erlöser-Kathedrale am 11. April 2015 in Moskau.
Bild: © KNA

Moskau ‐ Ungeachtet der internationalen Kritik verteidigt Patriarch Kyrill weiterhin den Kurs des Kremls. Bei einem Besuch in der Exklave Kaliningrad sprach er vom Neid der Kritiker. Hier gebe es im Gegensatz zu Westeuropa ein reges religiöses Leben.

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Der orthodoxe Moskauer Patriarch Kyrill I. wirft ausländischen Kritikern Russlands Eifersucht und Neid vor. "Viele lehnen sich heute gegen unser Vaterland auf; aber wir wissen, dass das Vaterland niemandem etwas Böses angetan hat", sagte er laut Kirchenangaben bei einem Gottesdienst am Sonntag in Kaliningrad (Königsberg). Sie erhöben sich nicht gegen Russland, "weil wir schlecht sind, sondern weil wir anders sind", so der 75-Jährige.

"Die Andersartigkeit Russlands erregt Eifersucht, Neid und Empörung, aber wir können uns nicht ändern", sagte das orthodoxe Kirchenoberhaupt. "Natürlich wollten uns viele Leute, wie man jetzt sagt, reformieren; aber es hat nicht funktioniert, obwohl so viel Mühe und Geld in die Reformierung Russlands investiert wurde." Das Riesenreich sei die "Heilige Rus" geblieben, die der "hochheiligen Mutter Gottes" gehöre.

Gott möge die Region Kaliningrad, das russische Volk und das ganze Land "vor jedem Feind und Schuft schützen", fuhr Kyrill I. fort. "Aber das Wichtigste ist, dass der Herr unsere Herzen rein hält und den Glauben in unseren Herzen. Dann kann uns kein Feind Angst machen", so der Patriarch. Kyrill I. steht seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine Ende Februar hinter dem Kurs von Präsident Wladimir Putin.

Kaliningrad sei "Außenposten im spirituellen Sinne"

Der Patriarch besuchte am Wochenende die zwischen Polen und Litauen an der Ostsee gelegene russische Exklave Kaliningrad. Bei einer Begegnung mit dem Gouverneur der Region, Anton Alichanow, sagte er: "In Anbetracht der Tatsache, dass die westlichen Länder aus verschiedenen, größtenteils rational nicht erklärbaren Gründen eine äußerst unfreundliche Haltung gegenüber Russland an den Tag legen, spielt das Kaliningrader Gebiet heute eine sehr wichtige Rolle." Er meine das nicht politisch oder militärisch. Kaliningrad sei vielmehr ein "Außenposten im spirituellen Sinne". Hier gebe es im Gegensatz zu Westeuropa ein reges religiöses Leben.

Bevor Kyrill Kirchenoberhaupt wurde, betreute er ab 1986 die Region Kaliningrad; von 1988 bis 2009 war er Erzbischof bzw. Metropolit von Smolensk und Kaliningrad.

Seit Monaten rechtfertigte er immer wieder Russlands Einmarsch in der Ukraine. In der Armee-Kathedrale in Kubinka vor den Toren Moskaus schwor er Soldatinnen und Soldaten persönlich auf den Kampf ein. Die britische Regierung fror deshalb im Juni Vermögenswerte Kyrills in Großbritannien ein und verhängte ein Einreiseverbot. EU-Sanktionen gegen den Moskauer Patriarchen waren am Widerstand der ungarischen Regierung von Viktor Orban gescheitert. Zahlreiche Kirchenvertreter kritisieren Kyrill für seine Haltung zum Ukraine-Krieg. Zuletzt kritisierte etwa der vatikanische "Ökumeneminister" die religiöse Rechtfertigung des Krieges scharf"Den brutalen Angriffskrieg Putins als 'Spezialoperation' zu verharmlosen, ist ein Missbrauch der Sprache. Ich muss dies als absolut unmögliche Position verurteilen", sagte er in einem Interview und war ihm Häresie vor. (cbr/KNA)