Spekulationen nach Gesprächen im Vatikan

Bischof Strickland lehnt Rücktritt ab – auch wenn Papst darum bittet

Veröffentlicht am 14.09.2023 um 11:51 Uhr – Lesedauer: 

Tyler ‐ Joseph Strickland ist der wohl schärfste Papstkritiker unter den US-Bischöfen. Nach einer Apostolischen Visitation und einem Spitzengespräch bei Franziskus wird über eine Rücktrittsforderung spekuliert. Der Bischof gibt sich kämpferisch.

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Der papstkritische Bischof Joseph Strickland würde einer Rücktrittsbitte durch Franziskus nicht Folge leisten. Gegenüber dem US-amerikanischen "Religion News Service" (RNS) sagte der Bischof von Tyler (Texas, USA), dass er noch nichts von Plänen aus Rom gehört habe, ihn zum Rücktritt aufzufordern. In der vergangenen Woche empfing der Papst den Präfekten des Bischofsdikasteriums, Robert Prevost, und den Nuntius in den USA, Christophe Pierre, in einer Privataudienz. "The Pillar" berichtete mit Bezug auf anonyme Quellen, dass es bei dem Treffen um eine mögliche Rücktrittsaufforderung an Strickland gegangen sei. Im Sommer fand eine Apostolische Visitation des Bistums Tyler statt.

Gegenüber RNS schloss Strickland einen Rücktritt aus: "Grundsätzlich kann ich nicht den Auftrag zurückgeben, den Papst Benedikt XVI. mir gegeben hat. Der Auftrag kann natürlich von Papst Franziskus zurückgenommen werden. Aber ich kann nicht aus freien Stücken meine Herde im Stich lassen, die mir als Nachfolger der Apostel anvertraut wurde."

Volle Breitseite gegen Franziskus

Strickland steht seit 2012 an der Spitze der Diözese Tyler. Wiederholt hat der 64-Jährige den Papst in den vergangenen Jahren öffentlich kritisiert. So bezeichnete er Franziskus' wertschätzende Worte zu homosexuellen Partnerschaften 2020 als "verwirrend und sehr gefährlich". Außerdem stellte Strickland sich 2021 gegen die Entscheidung des Papstes zur Einschränkung der Alten Messe. Statt die Einheit der Kirche zu fördern, habe Franziskus’ Erlass die Gläubigen weiter auseinandergetrieben. Zuletzt hatte Strickland zudem deutliche Kritik am Instrumentum laboris für die bevorstehende Synode im Vatikan geäußert.

Das Kirchenrecht hatte lange kein spezielles Verfahren zur Amtsenthebung eines Bischofs vor. Über die allgemeinen Regelungen zur Beendigung von Kirchenämtern hinaus besteht die Vorschrift, dass Bischöfe bei Erreichen der Altersgrenze von 75 Jahren oder wenn sie nicht mehr in der Lage sind, ihr Amt auszuüben, gehalten sind, dem Papst ihren Rücktritt anzubieten. 2016 erließ Papst Franziskus mit dem Motu proprio "Come una madre amorevole" ein Gesetz, das die Amtsenthebung von Bischöfen und anderen kirchlichen Oberen bei Amtspflichtverletzungen regelt.

Eine Absetzung oder Amtsenthebung im Rahmen des Straf- oder Disziplinarrechts steht bei Strickland anscheinend nicht im Raum. In der Regel werden Bischöfe durch den Papst oder das Bischofsdikasterium zum Rücktritt aufgefordert, wenn dies als erforderlich angesehen wird. Ein Rücktritt kann nicht erzwungen werden, der Papst kann im Rahmen seines Jurisdiktionsprimats aber Bischöfe auch ohne Straf- oder Disziplinarverfahren aus dem Amt entfernen. Beispiele dafür sind der kürzlich verstorbene französische Bischof Jacques Gaillot, der 1995 von Johannes Paul II. unter anderem aufgrund seiner Positionen zur Sexualmoral seines Amts enthoben wurde, und der Bischof von Arecibo in Puerto Rico, Daniel Fernandez Torres, den Papst Franziskus 2022 wohl aufgrund seiner Position zur Corona-Impfung entlassen hatte. (fxn)