Das umstrittene Betreuungsgeld hat den Bundesrat passiert

Herdprämie oder Wahlfreiheit?

Veröffentlicht am 14.12.2012 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Betreuungsgeld

Berlin ‐ Jetzt soll es also endgültig kommen: Am Freitag passierte das Betreuungsgeld den Bundesrat. Damit erhalten ab August 2013 die Eltern eine staatliche Unterstützung, die ihr unter dreijähriges Kind zur Betreuung nicht in eine öffentlich geförderte Einrichtung geben. Ob dies zugleich das Ende der mehrjährigen Debatte über eines der umstrittensten Vorhaben der Regierung bedeutet, ist mehr als ungewiss. Die SPD erklärte bereits, das Gesetz bei einem Regierungswechsel sofort wieder abschaffen zu wollen.

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Von Anfang an war das Betreuungsgeld ein Prestigeprojekt der CSU. Wenn das Land Krippenplätze finanzieren wolle, dann müsse auch die Betreuung zu Hause belohnt werden, so argumentierte der damalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU). In der großen Koalition setzte seine Partei sich schließlich durch. Im Gegenzug zum Kita-Ausbau für unter Dreijährige wurde vor fünf Jahren auf dem sogenannten Krippengipfel die Einführung eines Betreuungsgeldes beschlossen - nur unter Zähneknirschen des Koalitionspartners SPD und vieler CDU-Frauen, darunter die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU).

Von der Leyen bezeichnete die Hilfe als "bildungspolitische Katastrophe". Sie schaffe falsche Anreize: Vor allem Eltern aus bildungsfernen Schichten würden ihre Kinder nicht in Krippen schicken und lieber das Geld nehmen, erklärte sie. Und die Erfahrungen, die etwa skandinavische Länder, aber auch der Freistaat Thüringen mit der Familienleistung gemacht hatten, gaben ihr Recht.

Bei den Gegnern machte schnell das Wort "Herdprämie" die Runde. Die SPD warnte davor, dass das Betreuungsgeld Frauen verleite, viel später in ihren Beruf zurückzukehren und sich damit das Risiko der Altersarmut für sie vergrößere.

Jahrelanges Gezerre

Als die schwarz-gelbe Regierung 2009 antrat, schrieb sie das Betreuungsgeld in ihrem Koalitionsvertrag fest. An eine Umsetzung machte sich Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), die auch nicht als eine glühende Verfechterin der Finanzhilfe gilt, erst im vergangenen Jahr. Im Juni brachte das Kabinett den Gesetzentwurf schließlich auf den Weg.

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Der Plan, ihn noch vor der Sommerpause zu beschließen, misslang: Die Opposition nutzte bei der entscheidenden Bundestagssitzung ein zweitrangiges Gesetzesvorhaben, um die Beschlussunfähigkeit des Parlaments festzustellen. Erst Ende Juni diskutierte der Bundestag in Erster Lesung darüber: in ungewohnter Heftigkeit tauschten die Fraktionen die längst bekannten Argumente aus - die Wahlfreiheit für die Eltern einerseits und die falsche soziale und bildungspolitische Weichenstellung andererseits.

Auch nach der Sommerpause sorgte das Betreuungsgeld für Streit - selbst innerhalb der Koalition. Die FDP verlangte nun immer offener im Gegenzug für eine Zustimmung zum Betreuungsgeld die Abschaffung der Praxisgebühr. Zudem wollte sie die Familienleistung an bestimmte Bedingungen knüpfen. Schließlich einigten sich die Spitzen Anfang November auf ein Paket.

Erst 100 Euro, dann 150 Euro

Die Einführung der Familienhilfe wurde vom 1. Januar auf den 1. August 2013 und damit zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Rechtsanspruchs für einen Kita-Platz für unter Dreijährige verschoben. Eltern, die für ihre Kinder in dieser Altersgruppe keinen Gebrauch von einer öffentlichen Einrichtung machen, sollen zunächst 100 Euro, ab August 2014 schließlich 150 Euro monatlich erhalten.

Zusätzlich setzte die FDP durch, dass das Geld auch für eine private Altersvorsorge oder für "Bildungssparen" eingesetzt werden kann und Eltern dafür einen zusätzlichen Bonus von 15 Euro erhalten. Diese Zusätze sind in einem Ergänzungsgesetz zusammengefasst. Das Betreuungsgeld wurde wenige Tage später vom Bundestag beschlossen.

Um das Gesetz doch noch zu stoppen, strebte das Land Nordrhein-Westfalen schließlich im Bundesrat ein Vermittlungsverfahren an. Dies lehnte die Mehrheit der Bundesländer am Freitag ab.

Von Birgit Wilke