Johanna Heckeley über Lidl und das "christliche Abendland"

Huch! Religion!

Veröffentlicht am 07.09.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Johanna Heckeley über Lidl und das "christliche Abendland"

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Viel Empörung hat der Discounter Lidl mit der Gestaltung seiner griechischen Produktreihe auf sich gezogen: Auf den Verpackungen von Fetakäse, Oliven und Co. sind zwar blau-weiße orthodoxe Kirchen zu sehen, aber deren Kreuze wurden wegretuschiert. Man sei bemüht, die religiöse und politische Neutralität einzuhalten, hieß es in einer ersten Erklärung. Warum wirbt man mit etwas offensichtlich Christlichem, das aber bitte nicht zu christlich sein darf? Huch! Religion!

Das passt zu dem gesellschaftlichen Trend, die Kirche nur noch als Kulisse zu verstehen oder das Christentum als kulturhistorische Referenz zu nutzen. Paare etwa, die in der kirchlichen Trauung nur noch die romantische Inszenierung für ihre perfekte Hochzeit sehen. Oder Menschen, die den Jakobsweg pilgern, weil es irgendwie in ist. Oder, ganz wortwörtlich, wie der Campus Galli im baden-württembergischen Meßkirch, auf dem eine Klosteranlage mit mittelalterlicher Technik gebaut wird, in der aber nicht gebetet werden soll.

Auch das "christliche Abendland" wird gerne genutzt, um frömmelnd für die Bewahrung "unserer" Werte, welche auch immer das sein mögen, zu werben. Kirche und Christentum, so anscheinend die breite Meinung, sind dekorativ und gehören eben dazu, irgendwie. Aber bitte nicht mit Gott oder so anfangen.

Und was ist mit uns Christen? Sind wir damit einverstanden, dass das Christentum wie das verstaubte Familienalbum der Oma benutzt wird, das man hin und wieder mal für dieses süße Gefühl der Nostalgie aufschlägt? Reicht uns das, Kulissenschieber in der Inszenierung der anderen zu sein und für eine spirituelle Wohlfühlatmosphäre zu sorgen, an der andere ja nicht anecken? Was ich vermisse, ist eine innerkirchliche Debatte darüber. Wie sehr wollen wir unser Profil schärfen? Wie niedrig sollte und darf die (Kirchen-)Schwelle sein, damit es nicht heißt: 'Huch! Religion!'?

Der Protest vieler Lidl-Kunden hat übrigens gewirkt: Der Discounter kündigte nun an, das Design der griechischen Produkte zu ändern – mit idyllischer Kirche samt Kreuz auf dem Dach.

Von Johanna Heckeley

Die Autorin

Johanna Heckeley ist Redakteurin bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.