Nach Handgreiflichkeiten

Langenau will antisemitische Kundgebungen vor Kirche verbieten

Veröffentlicht am 10.07.2025 um 17:53 Uhr – Lesedauer: 

Stuttgart/Ulm ‐ Im württembergischen Langenau wird eine Kirchengemeinde seit eineinhalb Jahren antisemitisch angefeindet. Zuletzt kam es zu Handgreiflichkeiten vor einer Kirche. Nun reagiert die Stadt – nach heftiger Kritik.

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Die Stadt Langenau nahe Ulm will nach den Handgreiflichkeiten am Sonntag vor der evangelischen Martinskirche dort künftig Kundgebungen untersagen. Mit einer Allgemeinverfügung wolle die Kommune verhindern, dass pro-palästinensische Proteste weiter eskalieren, kündigte Langenaus Bürgermeisterin Daria Henning (CDU) im SWR (Mittwochabend) an.

Es gehe darum, "dass Kundgebungen mit Plakaten und Ähnlichem verboten werden", sagte Henning. In der Vergangenheit habe es bei solchen Kundgebungen Beleidigungen, üble Nachrede sowie jüngst auch Handgreiflichkeiten und damit körperliche Auseinandersetzungen gegeben. Es gelte nun, "dem entgegenzuwirken und nicht mehr diesen Raum zu bieten, dass anlässlich dieser Kundgebungen Menschen zu Schaden kommen", so die Bürgermeisterin.

Die Allgemeinverfügung - ein Verwaltungsakt - solle in den kommenden Tagen in Kraft treten. Eine Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) dazu, was die Verfügung konkret umfasst und ob sie befristet ist, ließ Henning am Donnerstag zunächst unbeantwortet.

Landesbischof: Stadt hat zu lange gewartet

Mit der Allgemeinverfügung zur Untersagung der antisemitisch motivierten Kundgebungen vor der Kirche käme die Stadt einer Forderung des württembergischen Landesbischofs Ernst-Wilhelm Gohl entgegen. Dieser hatte am Mittwoch in einer Pressekonferenz gesagt, jetzt sei "ein Punkt erreicht, wo man endlich diese untragbaren Zustände beenden muss". Bisher habe die Stadt "sehr lange zugewartet". Eine Hand voll Aktivisten wolle jedoch "den Pfarrer und die Gemeinde zermürben", warnte der Landesbischof und verwies auf das Grundrecht der freien Religionsausübung.

Bürgermeisterin: Grundrechte-Abwägung

Die Bürgermeisterin betonte laut SWR, bisher sei eine Allgemeinverfügung nicht möglich gewesen. Bei Abwägung der hier gegeneinander stehenden Grundrechte der Meinungsfreiheit und der Religionsfreiheit hätten die früheren Vorfälle nicht für eine solche Verfügung ausgereicht. Doch die jüngsten Ereignisse hätten nun die Allgemeinverfügung ermöglicht.

Am Sonntag war es vor der evangelischen Martinskirche zu Handgreiflichkeiten zwischen Pro-Palästina-Demonstrierenden und Gottesdienstbesuchern gekommen. Ortspfarrer Ralf Sedlak hatte im Oktober 2023 in einem Gottesdienst nach dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel Solidarität mit den israelischen Opfern zum Ausdruck gebracht. Seitdem erleben die Gemeinde und deren Pfarrer Anfeindungen.

Gohl zeigte sich erleichtert über die geplante Allgemeinverfügung, so der SWR. Nach Angaben des Senders laufen gegen den Hauptorganisator der Proteste mehrere Verfahren, vorwiegend wegen Beleidigung. (KNA)