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Pleasantville

Die 90er Jahre: AIDS, Ozonloch und kaum Aussichten für College-Abgänger. David, er ist großer Fan der Fernsehserie ‘Pleasantville’, träumt von der Zeit in den 50er Jahren, als alles friedlich war, und man diese Probleme noch nicht kannte.

Video: © Katholische Fernseharbeit

Die Gesellschaftssatire 'Pleasantville'; (1998) war für den Drehbuchautor und debütierende Regisseur Gary Ross eine große Herausforderung. 'Wenn ich gewusst hätte, was für eine Arbeit der Film kosten würde, hätte ich ihn wahrscheinlich nicht gemacht';, sagt Ross. Am zeitaufwendigsten war an diesem Film die Technik. Es wurden 1700 Effekte verwendet, so viele wie nie zuvor in einem Film. Die höchste technische Hürde war, dass gleichzeitig Schwarz-Weiß- und Farb-Format in einem Bild vorhanden sein mussten. Zahlreiche Preise und anerkennende Worte der Kritiker belegen allerdings, dass sich der Aufwand gelohnt hat.

Eine Welt voller Harmonie, in der täglich die Sonne scheint, alle Menschen zueinander freundlich sind, alles irgendwie gelingt, wo es kein Leid, keinen Streit und keine Gewalt gibt... Träumen wir nicht alle von der heilen Welt? David (Tobey Maguire) träumt auch davon. Er ist ein Jugendlicher der 90er. Seine Eltern sind geschieden und die Schule bereitet ihm mehr Frust als Lust. Den idealen Fluchtpunkt, um den Problemen des Alltags zu entkommen, bietet die schöne intakte Welt seiner Lieblingsserie 'Pleasantville'; aus den 50er Jahren.

Täglich schaut er sich die Serie an, um geistig in den Kleinkosmos 'Pleasantville'; einzutauchen. David weiß einfach alles über 'Pleasantville';. Das wirkliche Leben ist ihm dagegen eher fremd. Wenn David fernsieht, wird diese Gegebenheit auf bildlicher Ebene durch Parallelmontagen zwischen der 'Pleasantville';-Serie und der fiktionalen Realität dargestellt. Außerdem überlappt sich durch den Einsatz von Bild-Ton-Scheren der Ton der Serie mit dem Ton der fiktionalen Welt. Die Gedanken, die David wahrscheinlich über das unstrukturierte Leben seiner Mutter hat, beantwortet Bud aus der 'Pleasantville';-Serie. Davids Schwester Jennifer (Reese Witherspoon) ist dagegen ganz anderes. Sie ist eine typische Jugendliche der MTV-Generation. Das Wichtigste ist für sie, möglichst cool und trendy zu sein und bei den Jungs gut anzukommen. Ihren seltsamen Bruder, der ein Außenseiter in der Schule ist, findet Jennifer einfach nur peinlich. Bei einem Streit der Geschwister um die Fernbedienung, ob ein MTV-Rockkonzert oder der 'Pleasantville';-Marathon geschaut werden soll, zerbricht die Fernbedienung. Das ist natürlich in der von Medien beherrschten Welt der 90er eine Tragödie. Die Geschwister wünschen sich nichts sehnlicher, als dass ihnen jemand eine neue Fernbedienung herbeizaubert. Dieser Wunsch erfüllt sich sofort. Plötzlich steht ein rätselhafter Fernsehmechaniker (Don Knotts) vor der Tür, der ihnen eine mysteriöse Fernbedienung schenkt und mit David über Pleasantville philosophiert. Nach einem erneuten Kampf um die neue Fernbedienung passiert es: Nicht nur psychisch sondern auch physisch wird David, aber auch seine Schwester Jennifer nach Pleasantville gebeamt, wie Marty McFly in 'Zurück in die Zukunft'; von Robert Zemeckies.

Die Grenzen verschwimmen und aus Fiktion wird Wirklichkeit. Aus den Geschwistern David und Jennifer sind nun die Geschwister Bud und Marie-Sue geworden. Außerdem sind sie genauso schwarz-weiß, wie alles in Pleasantville. David ist begeistert, Jennifer dagegen entgeistert. Um in Pleasantville klar zu kommen, versuchen es beide erst einmal mit Anpassung. Jennifer findet Pleasantville, wo scheinbar alles funktioniert und alle extrem freundlich zueinander sind, furchtbar langweilig. Die heile Welt von Pleasantville erinnert an die Welt von Lumberton aus 'Blue Velvet'; (1986) von David Lynch, in der ebenfalls scheinbar alles harmonisch und idyllisch ist, bis Jeffery ein abgeschnittenes Ohr findet. Zunehmend enthüllt sich das Grauen hinter der heilen Fassade der Stadt. Sex, Toiletten, Feuer, Doppelbetten, Streit, Regen u.v.a. ist den Menschen in Pleasantville völlig unbekannt. Marie-Sue bringt den frischen Wind der 90er in die Kleinstadt. In einer Nacht verführt Marie-Sue ihren Verehrer Skip, den Kapitän der Basketballmannschaft und nichts ist mehr so wie es vorher war. Als Skip (Paul Walker) nach Hause fährt, sieht er eine rote Rose - das Symbol der Liebe. Rot ist zudem die Farbe der wallenden Gefühle.

In der Filmgeschichte ist Rot in der Entwicklung des Farbfilms von großer Bedeutung. Die erste Farbe, die beim Technicolor Format eingesetzt wurde, war Rot. Sergej Eisenstein färbte erstmals in seinem Film 'Panzerkreuz Potemkin'; (1925), die kommunistische Fahne der Revolution rot ein. In einem schleichenden Prozess werden die Strukturen und das bis ins kleinste Detail geregelte Leben von Pleasantville kräftig durcheinander gebracht. Marie-Sues Individualität wirkt geradewegs ansteckend. Seltsame Dinge gehen in Pleasantville vor, alles verändert sich. Zuerst fühlen sich die Bürger etwas konfus, denn eigentlich kann jeder nur das, was er in der Rolle der TV-Serie zu tun hat. Sobald etwas Neues und Unbekanntes auf sie zukommt, wissen sie nicht mehr weiter. Nicht nur die Altersgenossen von Bud und Marie-Sue, sondern auch die älteren Mitbürger entdecken ihre spontanen Sehnsüchte und Emotionen, insbesondere nicht gelebte Emotionen. Hauptsächlich die Jugendlichen von Pleasantville leben die Liebe und gehen in Lover´s Lane, dem romantischsten Platz von Pleasantville, über das Händchenhalten hinaus. Stück für Stück werden den Pleasantvillern die Augen geöffnet. Sie sind über ihre eigene Autonomie überrascht.

Das Leben funktioniert auch ohne die engen philisterhaften Regeln und Strukturen. Den Soda-Shop-Besitzer Mr. Johnson (Jeff Daniels) stimulieren die Vorgänge und Buds Kunstbücher dazu moderne Gemälde zu schaffen. Mutter Betty Parker (Joan Allen) entdeckt ihre Sexualität, was umgehend einen nie zuvor gesehenen Brand auslöst. Zudem verlieben sich Betty und Mr. Johnson, weil sie die Besonderheit des Anderen entdecken. Als eigentlich demütige Menschen, entdecken sie ihre Fähigkeit Emotionen zu empfinden. Gerade die Personen, die durch die auferlegten Gesellschaftsregeln unterdrückt worden sind, werden zur Verwandlung und Rebellion angeregt. Der schöne Schein wird aufgedeckt. Betty emanzipiert sich, wie viele Pleasantvillerinnen und lehnt sich gegen die Geschlechtsrollenstereotype auf. Sie lässt sich von ihrem Mann nichts mehr befehlen und verlässt ihn schließlich. Der Film spielt hier deutlich auf die Rolle der Frau in den 50ern und die Emanzipationsbewegung der 60er an. Egal, ob Sex, Rock'n' Roll, moderne Malerei, Neugier, Geschichten, Rebellion oder Spaß - das wirkliche Leben hält Einzug in Pleasantville. In dem Maße, wie die Pleasantviller sich ihren Emotionen hingeben und sich zu ihrer Attraktivität, Individualität und Eigenständigkeit bekennen, werden sie und ihre Umgebung immer farbiger. Dorothy in 'The Wizard of Oz'; (1939) von Victor Flemming erlebt ihre Traumwelt ebenfalls in Farbe, in Technicolor, ihre sorgenbelastete reale Welt ist schwarz-weiß. Das scheinbare Paradies schwindet zunehmend in Pleasantville und wird durch Farbe, Gefühle und Individualität ersetzt. Bud erzählt den Pleasantvillern von dem 'Außen';. In Pleasantville gibt es keinen Anfang und kein Ende, hier läuft alles nur im Kreis: 'There are some places where the road doesn't go in a circle. There are some places where it keeps on going', erklärt Bud den Pleasantvillern.

Indem sich die Bürger zur Veränderung, zur Geschichte bekennen, stehen plötzlich in den Büchern, die zuvor leer waren, Inhalte. Die Pleasantviller beginnen zu lernen und sie lernen aus ihren Fehlern. Die leeren Bücher stehen metaphorisch für die Pleasantviller, die eigentlich nur eine schöne Fassade ohne Inhalt sind. Marie-Sue, die Verführerin, wundert sich, warum sie noch nicht farbig geworden ist. Die Lösung liegt darin, dass sie im Unterschied zu den Pleasantvillern keine Gefühle für ihren Liebhaber empfindet. Marie-Sue entdeckt plötzlich die Bücher, das Lernen und die Welt der Emotionen für sich. Sie hatte sich selbst auf ihre Fassade reduziert. Attraktivität ist für sie bis dato das Wichtigste gewesen. Anfänglich sieht sie diesen Punkt als das Hauptdefizit der Pleasantviller: 'These people don't want to be geeks. They want to be 'attractive.'; They've got a lot of potential, they just don't know any better.' Langsam wird ihr klar, dass es auch in den 90ern Regeln gibt, die einem die Gesellschaft auferlegt. Auch hier kann man selbst entscheiden, ob man sich diesen unterwirft oder nicht. Die Pleasantviller reduzieren sie nicht auf ihre Sexualität, sondern interessieren sich für die Person Marie-Sue und ihr Leben. Marie-Sue beginnt zu lernen, um auf diese Weise mehr Persönlichkeit und Intellekt in sich wachsen zu lassen.

Der Fernsehmechaniker ist für die Geschwister der einzige Kontakt zur Außenwelt. Dieser ist weniger erbaut über die Vorgänge, die die Geschwister in seinem geliebten Pleasantville hervorgerufen haben. Er möchte sie zurückholen. Doch diese weigern sich, denn sie sind der Ansicht, dass sie in Pleasantville noch eine Mission zu erfüllen haben. Allerdings sind nicht alle Pleasantviller über die Entwicklungen, die in dem Ort vonstatten gehen, erbaut. Einige Bürger fühlen sich völlig überfordert. Zu diesen Personen gehören hauptsächlich die Männer und konservative Frauen. Vater George Parker (William H. Macy) kommt ohne seine Frau, die ihn normalerweise umsorgt hat und ohne seine penibel geregelte Welt nicht mehr zu recht. Ohne seine Frau ist er außerstande sich zu ernähren. Als George von der Arbeit nach Hause kommt und Betty nicht da ist, die ihm sonst immer ein warmes Mahl bereitgestellt hatte, ist das für ihn eine Tragödie. Seiner Ansicht nach ist es eine Unmöglichkeit, dass er kein Essen bekommen hat. Er beschwert sich prompt während des donnerstäglichen Männerbowlings bei Bürgermeister Bob. Doch dort haben sich bereits weitere verzweifelte Männer beklagt. Auch Burt hat es schwer getroffen. Seine Frau hat sein Hemd verbügelt, weil sie nachgedacht hat. Sie sind der Meinung, dass die zunehmende Farbigkeit der Menschen Symptome des 'Werteverfallvirus'; sind. 'This isn't some little 'virus'; that's going to 'clear up on it's own.'; There's something happening to our town and I think we can all see where it comes from. [...] My friends, this isn't about George's dinner or Burt's shirt. It's a question of values. It's a question of whether we're gonna hold onto the values that have made this place great', sagt Bob. Die Bürger, die gegen die Entwicklung im Ort und die 'Farbigen'; sind, beschließen gegen diese zu rebellieren. Bud steht der Veränderung des intakten Pleasantvilles immer noch kritisch gegenüber. Das ist auch einer der Gründe, warum er nicht farbig wird. Als Margaret und Bud sich verlieben und sie ihm einen Apfel anbietet, wird auch sie bunt.

Die Verführung mit dem Apfel hat eine biblische Symbolik, auf die in mehreren Stellen des Films eingegangen wird. Eva verführte in der Schöpfungsgeschichte Adam mit einem Apfel, was den Wegfall des Paradieses zur Folge hat. Die Sünde kommt über die Erde (s.Gen. 1-3). Das scheinbar perfekte Paradies Pleasantville verschwindet ebenfalls. Spaß, Gefahr, Wissen, Angst und Reformation halten Einzug. Die Pleasantviller werden von ihrer erstickten Unschuld befreit. Die Menschen in Pleasantville sehen, dass ihr Paradies nicht perfekt ist: Der Mensch muss vom Naturell her auch Unglück empfinden können um glücklich zu sein und um zu lernen. Wer Spass haben möchte, der muss auch Probleme akzeptieren. Nur so kann er Dinge als gut oder böse, richtig oder falsch erkennen. Wo es Schönes gibt, muss es auch Hässliches geben. Und wer wirklichen Erfolg haben möchte, der muss auch Misserfolge kennen. Wo etwas wachsen will, muss es auch Regen geben. Auch in der Schöpfungsgeschichte ist zu lesen, dass die Menschen nach dem Sündenfall zwischen Gut und Böse zu unterscheiden lernen: 'Seht, der Mensch ist geworden wie wir; er erkennt Gut und Böse (Gen. 3, 22).'; Da die Pleasantviller bisher nichts anderes konnten, als nur gewinnen, hat sich ihr Erfolg relativiert und ist somit wertlos. Die Höhen und Tiefen des Lebens sind bereichernd. Sie machen das Leben interessant und abwechslungsreich.

Nach der Verführung mit dem Apfel folgt der zweite biblische Bezug. Das erste Mal regnet es geradezu sintflutartig in Pleasantville. Einige Bürger sind entzückt über das neue Wetter. Am nächsten Morgen sieht man einen Regenbogen über der Stadt. Der Regenbogen ist in der 'Arche Noah';-Erzählung das Zeichen für den Bund Gottes mit den Menschen (s. Gen. 6-9). Er symbolisiert den Anbruch einer neuen Zeit. In dem Film kann man den Regenbogen als Zeichen dafür deuten, dass es nie mehr die alte, farblose und gefühlsarme Welt geben wird. Gefühle, die die Farben des Regenbogens symbolisieren, sind das einzige, wodurch der Mensch Zugang zu Gott erhält. Die Gesellschafts- und Geschichtskritik verstärken sich im Laufe des Films zunehmend. Der Film kritisiert nicht nur satirisch die Unterdrückung der Frauen in den scheinbar heilen 50ern, sondern geht auch auf den Rassismus in den USA und den Holocaust ein. Die heile Welt der 50er Jahre war wohl doch nicht so idyllisch, wie es in den typischen Serien und Filmen dieser Zeit gezeigt wird. Die 'Farbigen'; werden von den intoleranten 'Farblosen'; geächtet, der Zutritt zu Geschäften wird ihnen verboten etc. Die 'Farbigen';, wie Betty müssen sich nun schämen, nur weil sie farbig sind. So versucht Betty ihre Farbigkeit zuerst mit Make-up zu vertuschen.

Das anstößigste Objekt ist für die Konservativen allerdings das Nacktgemälde von Betty, welches Mr. Johnson auf das Schaufenster gemalt hat. Bud, der den Veränderungen seines intakten Pleasantville kritisch entgegen sieht, stellt sich gegen die 'Farblosen';, als diese Betty angreifen. Er lebt seine nie gekannten Aggressionen aus und prügelt sich mit einem 'Farblosen';. Daraufhin wird auch er endlich bunt. Wer sein Schicksal in Pleasantville annimmt, wird 'farbig';. In der Nacht verbrennen die konservativen 'Farblosen'; alle Gemälde und Bücher. Diese Szene erinnert sehr stark an die Bücherverbrennung und das Verbot der 'entarteten'; Kunst im 3. Reich. Auch die Szene, als die konservativen 'Farblosen'; den Soda Shop von Mr. Johnson zerstören, ist eine Anspielung auf die Reichskristallnacht. Nach dem Aufruhr folgt die Rede des Bürgermeisters. Interessanterweise ist die Szene nach einem ähnlichen Schema gefilmt und geschnitten, wie die Hitlerreden, in z.B. 'Triumph des Willens'; (1934) von Leni Riefenstahl. Der Bürgermeister wird stets in der Untersichtsperspektive dargestellt, um seine Macht zu demonstrieren. In den Montagen wird er als einzelne Person, in Schnitt/Gegenschnittsequenzen den gegnerischen jubelnden Massen gegenübergestellt, um seine mitreisende Wirkung auf die konservativen 'Farblosen'; zu demonstrieren. Den Bürgern von Pleasantville werden nach den Aufständen der Konservativen, ähnlich wie im 3. Reich, Vorschriften auferlegt, denen sie sich zu beugen haben.

Durch die diktatorischen Anweisungen des Schreibens soll dem Zuschauer deutlich gemacht werden, dass nicht nur die konservativen Bürger von Pleasantville Angst vor Veränderung haben, sondern auch die rassistischen und faschistischen Vereinigungen unserer Geschichte. Das Anliegen zu bewahren und zu konservieren, nimmt dem Leben den Frohsinn. Die meisten Menschen empfanden die 50er Jahre als die heile Welt, in der alles in Ordnung war, weil sie sich gesellschaftlichen Vorschriften unterordneten. Bud malt zusammen mit Mr. Johnson ein Revoltebild an die Bretterfassade des Soda-Shops. Darauf sind alle Dinge zu sehen, die in letzter Zeit vorgefallen sind. Das Wandgemälde wurde von Frank Romeo gemalt. Die Künstler der 70er Jahre drückten ihre revolutionären Gedanken durch Wandgemälde aus. Bud kommt daraufhin ins Gefängnis. Später steht er vor Gericht. Er wird angeklagt der Grund für die Veränderungen in Pleasantville zu sein. Doch während der Gerichtsverhandlung müssen auch die 'Farblosen'; langsam Farbe bekennen. Zuerst überzeugt Bud George, dass es nicht nur die Gewohnheiten sind, die er vermisst, seit Betty weg ist. Hauptsächlich fehlt ihm Betty, weil er sie liebt. Als sich George zu seinen Gefühlen bekennt, wird er farbig. Bud erklärt Bob und den anderen, dass es so viele unterschiedliche Empfindungen gibt, wie albern, sexy, gefährlich oder spaßig und dass all diese Emotionen in jedem Menschen stecken. Er kritisiert, dass Bob nicht zulässt, dass die Menschen sich als individuelle Wesen sehen. In ihrer Seele bergen sie ein Potenzial, was er nicht sehen möchte. Die Welt steckt voller Überraschungen. Bud zeigt, dass Bob die Veränderungen nicht aufhalten kann: 'But see that's just the point. It can't stop at once. Because it's in you. And you can't stop something that's inside you. C' mon. Everyone's turning colours. Kids are making-out in the street. No one's getting their dinner-hell, you could have a flood any minute. Pretty soon you could have the women going off to work while the men stayed home and cooked…' Bud hält Bob nicht nur sichtlich den Spiegel vor. Als Bob erkennt, dass er das Wortgefecht verloren hat, wird er wütend. Nicht nur sein Kopf wird rot, sondern auch die ganze Person wird farbig. Die Debatte hat die Emotionen Aller erregt. Alle haben sich als fühlende, farbige Wesen erkannt. Auf einmal erstrahlt ganz Pleasantville in Farbe. Mary-Sue entschließt sich noch eine Zeit in den 50ern zu bleiben, dort wo noch alles am Anfang ist. Sie versucht hier den versäumten Stoff nachzuholen und ihre Individualität anzureichern, damit sie in den 90ern Zukunftschancen hat.

Bud dagegen beamt sich zurück in die 90er. Er ist erwachsen geworden und hat gelernt eigenverantwortlich zu handeln. Sein Wissen kann er als gereifte Persönlichkeit in die 90er abgeben, wie z.B. an seine Mutter. Es gibt nicht das perfekte Leben. Auch die Pleasantviller haben gelernt, dass niemand wissen kann, was irgendwann in der Zukunft sein wird. Auch die Bibel rät: 'Quält euch nicht mit den Gedanken an morgen, der morgige Tag wird für sich selber sorgen. Ihr hab genug zu tragen an der Last von heute (Matt. 6,34).'; Aber das ist auch das Schöne am Leben mit all seinen Variationen und Überraschungen. Das Leben ist und bleibt ein Geheimnis. George hat gelernt, dass eine Partnerschaft, die nur besteht, weil sie Vorschriften unterliegt und auseinander fällt, wenn diese wegfallen, keine gute Partnerschaft ist. Liebe ist das einzig ehrliche Band, was eine Partnerschaft zusammen halten kann. Mit beengenden Vorschriften betrügt man nur sich selbst und die Anderen. Auch Jesus Botschaft ist, dass man stets auf dem rechten Weg ist, solange man sich an der Liebe orientiert. 'Denn wer den anderen liebt, der hat das Gesetzt erfüllt'; (Röm. 13.8). Wahre Liebe beengt nicht, sie macht frei. Gefühle erfüllen unsere Welt mit Farbe.

Im Film 'Pleasantville'; setzt Gary Ross auf neueste digitale Technik. Für den Film wurde eigens ein Effekt-Studio eingerichtet. Die technische Herausforderung des Films war es, die Personen im Farb- und Schwarz-Weiß-Format in einem Bild zu vereinen. Jedes Bild musste einzeln entcoloriert werden, damit die Bilder, welche generell in schwarz-weiß gehalten sind und dann zunehmend farbige Elemente aufweisen, so real wie möglich aussehen konnten. Um die Kontraste in den Szenen zu dämmen, in denen farblose Menschen neben farbigen Menschen stehen, wurde das Make-up der 'Farbigen'; abgeschwächt. Insbesondere in der Szene, als Mr. Johnson Betty abschminkt, musste mit Green-Screen gearbeitet werden. Zudem musste für die 'Farbigen'; und 'Farblosen'; ein unterschiedliches Licht verwendet werden. Die 'Farbigen'; bekamen weiches und die 'Farblosen'; hartes Licht. Der leicht schwebende Gestus der beobachtenden Kamera, die sich den Figuren meist von der Totalen bis hin zur Nah- oder Großeinstellung nähert, unterstützt die geheimnisvollen Verwandlungen, die in Pleasantville passieren. Der Songschreiber Randy Newmann komponierte für den Film 'Pleasantville'; typisch amerikanische Musik mit einem nostalgischen Sound. Die Stücke sind sehr emotional, jedoch scheint an einigen Stellen auch Humor und Ironie heraus.

Der selbstreflexive Film betrachtet zudem die Fernsehwelt kritisch. Er bildet inhaltliche Parallelen zu Peter Weiers 'The Truman Show'; (1998), in der ebenfalls mit totalitärem Fanatismus ein sicheres Leben ohne Veränderungen aufgezeigt wird. Die Medienwelt greift in die reale Welt über. Menschen identifizieren sich mit dieser Welt und ihren Figuren. Mit der Tendenz zum Real-TV wird das Fernsehen nicht mehr nur ein Zufluchtsort aus der Realität, sondern es wird als Authentizität hingestellt. Jugendliche verbringen ihre Freizeit vor dem Fernseher und flüchten sich in eine fiktionale Welt, die sie vor den Problemen des Alltags scheinbar bewahrt. Indem z.B. Außenseiter, wie David, die Möglichkeit haben sich mit Helden zu identifizieren, können sie sich für einige Stunden als Gewinner fühlen und ihren Frust vergessen. Zitate in 'Pleasantville', wie: 'They have one hour in the back of a car and suddenly they're in Technicolor', spielen direkt auf die Filmproduktion an. Der Film 'Pleasantville'; öffnet dem Zuschauer das Herz und lehrt ihn, mit Dankbarkeit die Schönheit des Lebens zu erkennen.

Nach dem Motto: So wie das Leben ist, ist es gut. Es macht glücklich, alte Gewohnheiten loszulassen und neue Ufer zu erkunden. Nur so spürt man das Leben und sich selbst in der ganzen Intensität. Mit Intelligenz und Humor kritisiert der Film subtil und facettenreich die gesellschaftlichen und geschichtlichen Missstände der Vergangenheit und Gegenwart. Dabei wird die Sozialkritik gezielt eingesetzt, ohne belehrend zu wirken. 'Pleasantville'; überzeugt in allen Belangen. Man sollte das Leben nicht schwarz-weiß sehen, denn es ist farbig!