Video - 00:01:06

Glasgemälde aus Licht

Tradition und Moderne in der ältesten Glaskunstwerkstatt Deutschlands. Der Beitrag zeigt u.a., wie Glasfenster, wie sie zum Beispiel auch im Kölner Dom zu sehen sind, hergestellt werden.

Video: ©

'Die Glasmalerei ist eine Zutat zu den Kirchen und eine sehr wertvolle Zutat, weil man alles darin ablesen kann', so der 77-jährige Friedrich Oidtmann über die Faszination für Glasmalereien. Alles damit verbindet er seinen tiefen Glauben und die lebenslange Liebe zu Kunst und Handwerk. Friedrich Oidtmann ist Glasmaler und Künstler. Zusammen mit seinem Bruder Ludovikus, stand er über 50 Jahre an der Spitze der ältesten Glaswerkstatt Deutschlands. Seit 134 Jahren spiegelt die Firma Oidtmann Tradition und Moderne in der Glaskunst.

Die Wurzeln der Glasmalerei liegen im 12. Jahrhundert

Glasmalereien, auf den ersten Blick wirr, bunt und leuchtend, sorgen für eine ganz besondere Atmosphäre in Kirchen und Profanbauten. Die Technik der Glasmalerei entwickelte der Mönch Theophilius schon im 12. Jahrhundert. Im Zusammenspiel mit der Architektur der Gotik erlebt die Glasmalerei ihren Höhepunkt. Und so beschreibt der niederländische Maler Jan van Eyk die gotische Kirche ehrfürchtig als 'Abbild des Himmels'. Motive und Themen der Glasmalereien dienten der Belehrung der Christen, doch die Details blieben dem irdischen Besucher unten am am Boden verborgen.

Arbeiten für den Kölner Dom

So auch im Kölner Dom. Hier bedecken die Glasmalereien die gewaltige Fläche von 10.000 qm. Ein Teil dieser Fenster stammt bereits aus dem Mittelalter, die anderen entstanden im 19. und 20. Jahrhundert. Umwelteinflüsse wie saurer Regen, Verwitterung und Alterung richteten über die Jahre große Schäden an den kostbaren Glasscheiben an. Im 2. Weltkrieg waren es dagegen 14 schwere Fliegerbomben, die das Gotteshaus trafen und gewaltige Verwüstungen hinterließen. Auch das größte Fenster des Doms, das Westfenster mit einer Fläche von fast 60 qm, wird vernichtet. Es zeigt nach einem Entwurf von Milde aus dem Jahre 1850 das 'Jüngste Gericht'. Nach langen Jahren des Wiederaufbaus - bis heute - vergibt die Dombauhütte 1983 der Firma Oidtmann schließlich den Auftrag, das Westfenster nach den Originalentwürfen wieder zu rekonstruieren. Innerhalb von 8 Jahren gelingt den Diplomrestaurateuren der Traditionsfirma diese herausfordernde Arbeit, getreu dem alten Restaurierungscodex 'Corpus Vitraerum Medii Aevi' - 'so wenig wie möglich, so viel wie nötig'.

Lange Geschichte der Firma Oidtmann

Die Firma Oidtmann ist nicht nur die älteste deutsche Glaswerkstatt und eine Kunstanstalt von Weltruf, sie ist vor allem ein Familienbetrieb. 1857 gründet der Arzt Heinrich Oidtmann den Betrieb in Linnich. Er ist wie sein Nachfolger und Sohn Heinrich II ein großer Wissenschaftler und Theoretiker. In der dritten Generation bemüht sich Heinrich III um die Betonung der künstlerischen Seite. Nach seinem Tod übernimmt Ehefrau Ludovika Oidtmann noch vor dem 2. Weltkrieg die Führung der Werkstatt - als bislang einzige Frau. Stets fühlte sich die Firma in besonderem Maße der sakralen Kunst verbunden und gerät so zwangläufig in Konflikt mit der Kulturpolitik der Nationalsozialisten. Ludovika wird am 18.5. 1945 von Unbekannten ermordet. Bis heute ist dieser Mord unaufgeklärt. Zurück bleiben zwei Söhne und ein zerstörtes Erbe: der 21-jährige Friedrich und der 17-jährige Ludovikus Oidtmann, beide Kriegsheimkehrer. Zusammen entschließen sie sich für den Wiederaufbau. Mit unbeugsamem Willen erschaffen die Brüder Oidtmann aus dem zerschlagenen Erbe ihrer Vorfahren wieder das, was der Betrieb einmal war, eine Kunstanstalt von Weltruf in allen Bereichen der Glasmalerei: Bleiverglasung, Herstellung von Mosaiken und Betonglas bis zu Restaurierungsarbeiten. Den kirchlichen und profanen Arbeiten der Firma begegnet man heute auf der ganzen Welt. Ludovikus Oidtmann übernimmt den kaufmännischen Teil des Geschäfts und den Innendienst.

Kontakte zu allen berühmten Malern

Sein Bruder Friedrich, innerlich selbst ein Maler, widmet sich dem Kontakt zu Künstlern und Malern der Moderne. Er reist durch Europa, um die Glasmalerei mit der Welt der Kunst zu verbinden. Auf diesen Reisen begegnet er nahezu allen namhaften Künstler der Moderne wie Picasso, Dali oder Marc Chagall. Gemeinsame Arbeiten entstehen u.a. mit Fernand Leger, Pierre Soulage, Otto Dix oder Jean Marais - dem Schauspieler, der später als Fantomas berühmt wurde. Bis heute verehrt Friedrich Oidtmann besonders Jean Cocteau, das Universalgenie aus Frankreich. Der Maler, Dichter und Filmemacher gab seine wenigen Glasarbeiten ausschließlich bei der Firma Oidtmann in Auftrag. Auch heute wird die Nähe zur Kunst gepflegt. Bedeutende zeitgenössische Glaskünstler wie Ottmar Alt, Gerhard Meistermann oder Hubert Spierling lassen hier ihre Entwürfe umsetzen. Die Themen und Ausdrucksweisen ändern sich, doch die Technik ist über die Jahrhunderte nahezu gleich geblieben. Denn Glasmalerei ist vor allem eines - das Malen mit Licht.