Liesborner Evangelienbuch ist wieder im Münsterland

Ein 1000 Jahre altes Evangeliar kehrt zurück

Veröffentlicht am 28.08.2017 um 17:00 Uhr – Lesedauer: 
Kunst

Wadersloh ‐ Vor zwei Jahren noch sollte das Liesborner Evangeliar sechs Millionen Euro kosten. Zum Glück wollte damals niemand so viel zahlen. So kam das über 1.000 Jahre alte Buch doch noch zurück ins Münsterland.

  • Teilen:

85 Rinder ließen für das Liesborner Evangeliar ihr Leben. Der moderne Buchdruck wurde erst rund 500 Jahre später erfunden. Wer die Berichte der vier Evangelisten verewigen wollte, musste im Jahr 980 mit seiner Handschrift auf Pergament schreiben. Mehr als 1.000 Jahre später ist das Evangeliar ein historischer Kunstschatz, der für glänzende Augen sorgt - ganz besonders im Münsterland.

Elisabeth Schwarm leitet dort das Museum Abtei Liesborn. Ab 2019 soll das Evangeliar, eine mehr als 1.000 Jahre alte Handschrift der Evangelientexte, als Hauptattraktion das Haus im Kreis Warendorf schmücken und auch der Öffentlichkeit zugänglich sein. "Das Buch ist über die Jahrzehnte durch die Sammlungen dieser Welt gegangen. Deshalb ist es jetzt ein großer Glücksfall, dass es zurück in Liesborn ist", sagt Schwarm am Montag bei der Präsentation. Dass Rinderhaut als Grundlage dient, ist an mehreren Stellen gut zu erkennen. "Für die Löcher haben keine Motten gesorgt. Die waren von Anfang an da. Wer da geschrieben hat, tat dies um die Löcher im Pergament herum", sagt Landrat Olaf Gericke (CDU) bei der Präsentation des Werks.

Zwei Jahrhunderte auf Weltreise

Er hatte für den Kreis Warendorf den Kauf vorangetrieben. 2015 war das Liesborner Evangeliar auf der Kunstmesse TEFAF in Maastricht für sechs Millionen Euro angeboten worden. "Es war aber wohl klar, dass dieser Preis auf dem Markt nicht zu erzielen sein würde", sagt Schwarm heute. Zuvor war es 214 Jahre lang durch die Hände verschiedener Kunstsammler auf der ganzen Welt gegangen. Liesborn verlassen hatte das heute über 1.000 Jahre alte Werk, nachdem das Benediktinerkloster 1803 aufgelöst worden war. "Da wurde alles zu Geld gemacht", sagt Schwarm. Nach einem Zwischenstopp in der Bibliothek der Uni Münster ging das Evangeliar auf große Welttournee. Darunter waren Stationen in Philadelphia, Los Angeles, New York, Paris, Oslo und Maastricht.

Zur Präsentation des Liesborner Evangeliars waren Vertreter aller Sponsoren gekommen, die den Ankauf möglich gemacht hatten.
Bild: ©Carsten Bender

Zur Präsentation des Liesborner Evangeliars waren Vertreter aller Sponsoren gekommen, die den Ankauf möglich gemacht hatten. Darunter auch Bischof Felix Genn (fünfter v. l.), dessen Bistum Münster sich an der Finanzierung beteiligt hatte.

Dass der Kreis Warendorf am Ende die Nase vorn haben würde, war nicht ausgemacht. Noch 1987 hatte die Öffentliche Hand bei einer Versteigerung bei Christie's das Nachsehen. Damals ging das Evangeliar, das im Mittelalter auf dem Altar lag und in die Liturgie der Messe integriert, aber nicht benutzt wurde, für 1,4 Millionen D-Mark an die Schoyen Collection nach Norwegen. "Ein Gutachter hatte den Wert auf drei Millionen Euro geschätzt. Wir durften deshalb keinen Cent mehr bezahlen", erzählte Gericke über die Zeit der Verhandlungen mit der amerikanischen Kunsthändlerin Sandra Hindmann. Schlaflose Nächte habe er nicht gehabt, sagt der Landrat. Etwas Besonderes sei es aber schon gewesen.

Bei der Finanzierung geholfen haben der Bund, das Bistum Münster und verschiedene Stiftungen aus der Region. Auch die vorherige Eigentümerin Hindmann war bei der Präsentation anwesend. Als Schwarm das Buch mit weißen Handschuhen vorsichtig aus einer schwarzen Sicherheitskiste holt und den Sponsoren und der Öffentlichkeit den Kunstschatz präsentiert, steht Hindmann bescheiden in der letzten Reihe - mit strahlenden Augen. Das Liesborner Evangeliar gilt als Ausnahme, was seinen guten Zustand betrifft. "Alle Sammler wollten natürlich den Wert erhalten und haben es deshalb wohl sehr gut behandelt", sagt die Museumschefin.

Von Carsten Linnhoff (dpa)
Player wird geladen ...
Video: © Kirche+Leben

Das Borghorster Stiftskreuz ist wieder da. Das Kunstwerk aus dem 11. Jahrhundert war seit seinem Raub aus der St.-Nikomedes-Kirche in Steinfurt-Borghorst im Oktober 2013 spurlos verschwunden. Bischof Felix Genn präsentierte das Kreuz am Freitag vor Journalisten in Münster. Es war dem Bistum am Dienstagabend übergeben worden.