"Alle Kinder lieben dich"

Von 70 Kinderkehlen lässt sich Tobias Dylka herein singen. Der Koordinator für die "Nikolaus-Aktion" des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend hat heute Morgen selbst das Kleid des berühmten Bischofs angezogen. Mit dem Nikolausmobil machen der 25-jährige Hauptamtliche und seine ehrenamtliche Mitarbeiterin Sabine Schnell Station im Kölner Ortsteil Longerich. "Guten Morgen, liebe Kinder", begrüßt Dylka die sechs und sieben Jahre alten Schüler und erklärt ihnen: "Der Nikolaus steht für das Schenken." Deshalb gibt der Nikolaus nun jedem Kind persönlich eine Orange.
Ehrenamt mit Nikolaussack
Ganz schön schwer, so ein Nikolaussack, bemerkt Sabine Schnell. Die 23-jährige Studentin der Sozialen Arbeit unterstützt bereits im zweiten Jahr den heiligen Nikolaus bei seinen Besuchen in Schulen, Gemeinden und auf öffentlichen Plätzen. Die Katholikin ist über ihren Freundeskreis an dieses besondere Ehrenamt gekommen. "Es ist immer wieder spannend, wie anders jeder Einsatz ist", sagt sie. Und vor einem Saal voller Schüler zu stehen und zu sprechen, das sei schon eine besondere Herausforderung.
Mehr als 25 Besuche absolvieren Tobias Dylka und seine sechs ehrenamtlichen Mitarbeiter in dieser Saison. Für gewöhnlich wird die Hauptrolle des Nikolaus dabei auch von einem Ehrenamtlichen übernommen. Die ehrenamtlichen Bischöfe sind zuvor teilweise sogar in die Nikolaus-Schule gegangen, die das Bündnis "Nikolaus komm in unser Haus" im November angeboten hatte. Als Koordinator der Aktion steckt Tobias Dylka in der Materie und kann den Grundschülern viel über die Legenden und Geschichten um den Heiligen berichten.
Heiliger verbindet die Kulturen
Von den Erst- und Zweitklässlern will Sabine Schnell hören, was sie bereits über den Nikolaus wissen. "Dass er nett ist", "Dass er lieb ist", "Dass er ein guter Mann ist", sagen die Ersten. "Der hilft den armen Leuten", meint ein Junge. Ein anderer wundert sich, dass der Nikolaus in der heutigen Türkei gelebt hat: "Das hätte ich jetzt nicht gedacht." Unter den Schülern sind auch einige, deren Eltern aus der Türkei stammen. Deshalb findet Schulleiterin Gisela Rosemann den Heiligen Mann aus Myra auch besonders spannend. "Das ist der Heilige, der uns stark verbindet", sagt die 63-Jährige, die selbst katholische Theologie studiert und Jahrzehnte lang Religion unterrichtet hat.
Gisela Rosemann hat das Nikolausmobil eingeladen, weil sie die Weitergabe der Geschichten um den Heiligen Nikolaus wichtig findet und weil er wie sonst nur der Heilige Martin für das Schenken und das Teilen steht. "Bei vielen Kindern gerät das immer wieder in Vergessenheit, weil das zu Hause nicht so gelebt wird", berichtet die 63-Jährige. Als Schülerin hat sie selbst Besuche vom Nikolaus und seinem Knecht Ruprecht bekommen. Am Abend vorher war immer Elternabend, erinnert sie sich, weshalb der Nikolaus in seinem Buch selbst solche Dinge lesen konnte, die er unmöglich wissen konnte.
Der Nikolaus rügt und straft nicht
Welche Streiche die Schüler gespielt haben, ist für Tobias Dylka dagegen kein Thema. Der 25-Jährige gehört nicht zu den strafenden Nikoläusen, sondern zu den gütigen und zu den gut erklärenden. Mit Hilfe von Sabine Schnell entkleidet er sich Stück für Stück, um den Kindern zu zeigen, was ein Bischof so alles an hat: Mitra, Bischofsgewand, Kreuz, Stola, Untergewand sowie Perücke und Bart. Tobias Dylka tritt aus seiner Rolle heraus und steht am Ende in Jeans und T-Shirt da. Es gehe nicht darum, wer in dem Gewand steckt, sagt er. Wichtiger sei, was der Heilige Nikolaus getan hat. Zum Abschluss singen alle noch mal das Nikolaus-Lied vom Anfang. Darin heißt es: "Alle Kinder lieben dich, warten schon und freuen sich." Und das stimmt.
Nikolaus kommt mit dem Schiff
Ein Höhepunkt der Tour des Nikolausmobils ist die Schifffahrt des Heiligen Nikolaus am 6. Dezember. Um 11 Uhr soll er mit einem Boot der NRW-Wasserschutzpolizei am Kölner Rheinufer-Steg 3 anlegen (Höhe Fischmarkt). Weitere Informationen auch auf www.nikolaus-komm-in-unser-haus.de .
Von Sascha Stienen