Neues Dokument zu Wirtschafts- und Finanzfragen veröffentlicht

Vatikan: Welt hat aus Finanzkrise nichts gelernt

Veröffentlicht am 17.05.2018 um 14:30 Uhr – Lesedauer: 
Finanzen

Vatikanstadt ‐ 2008 sorgte die US-Investmentbank Lehmann Brothers für eine weltweite Finanzkrise. Zehn Jahre später rechnen Papst Franziskus und der Vatikan ab: mit Spitzenmanagern, Bankern und Steueroasen.

  • Teilen:

Die Welt hat es nach Ansicht des Vatikans versäumt, Lehren aus der Finanzkrise vor zehn Jahren zu ziehen. Statt eine gerechtere Wirtschaft aufzubauen, herrsche immer noch Unmoral, heißt es am Donnerstag in einem Grundsatzpapier des Kirchenstaates, das Papst Franziskus abgesegnet hat. "Manchmal hat es sogar den Anschein, als wäre ein oberflächlicher, kurzsichtiger Egoismus zurückgekehrt, der das Gemeinwohl missachtet und nicht daran interessiert ist, Wohlstand zu schaffen und zu verbreiten."

Steueroasen dienten oft der Geldwäsche und kriminellen Organisationen, was zu Lasten vor allem der Armen gehe, so das Dokument mit dem Titel "Oeconomicae et pecuniariae quaestiones" (dt. "Wirtschafts- und Finanzfragen"). Das Schreiben wurde von der Glaubenskongregation und dem vatikanischen Entwicklungsministerium verfasst.

Kritik an Spitzenmanagern und Bankern

Instrumente wie Finanzderivate prangert der Vatikan als "eine Art Zeitbombe" an, "die früher oder später explodieren und die Gesundheit der Märkte vergiften kann". Zugleich verurteilt er die moralische Verkommenheit von Spitzenmanagern. Die reine Orientierung am Profit führe leicht zu einer "perversen und selektiven Logik, die oft jene an die Firmenspitzen bringt, die zwar fähig, aber auch machthungrig und skrupellos sind", heißt es. Bereits in der Ausbildung stehe selbst an renommierten Business-Schools oft der reine Profit an oberster Stelle.

Hart geht das Schreiben auch mit Bankern ins Gericht. "Auch wenn viele Akteure persönlich von guten und berechtigten Absichten geleitet sind, darf auch nicht unbeachtet bleiben, dass die Finanzindustrie heute [...] ein Ort ist, wo Egoismen und Missbräuche ein für die Allgemeinheit zerstörerisches Potential haben, das seinesgleichen sucht."

Im September 2008 war die US-Investmentbank Lehman Brothers zusammengebrochen und hatte weltweit eine Banken- und Finanzkrise mit einer anschließenden globalen Rezession ausgelöst. Franziskus ruft immer wieder zu einem gerechteren Wirtschaftssystem auf und hat auch mehrmals schon die unfairen Mechanismen der Finanzindustrie beklagt. Der Vatikan selbst hat sein Finanzsystem in den vergangenen Jahren grundlegend reformiert und unter anderem einen Wirtschaftsrat einberufen. (tja/dpa)