Vor 75 Jahren wurde Rom bombardiert

Bombenhagel über der Ewigen Stadt

Veröffentlicht am 19.07.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Geschichte

Rom ‐ Papst Pius XII. hatte versucht, es zu verhindern, doch ohne Erfolg: Am 19. Juli 1943 fielen allierte Bomben auf Rom. Nach dem Angriff setzte der Papst auf Seelsorge statt auf Diplomatie.

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Drei Stunden lang luden 500 amerikanische und britische Flugzeuge um die Mittagszeit mehr als 1.000 Tonnen Bombenlast über dem San-Lorenzo-Viertel im Osten Roms ab. Die Bilanz des Angriffs: 1.500 Tote, 1.600 Verletzte und zahlreiche zerstörte oder schwer beschädigte Gebäude, darunter die Papst-Basilika San Lorenzo. Es war nicht der einzige, wohl aber der erste und mit Abstand schwerste Luftschlag auf die Ewige Stadt. Er jährt sich am 19. Juli zum 75. Mal.

Papst Pius XII., der Rom mit allen Mitteln aus den Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs herauszuhalten versuchte, protestierte auf seine Weise. Nur von zwei Gendarmen und seinem Substituten Montini begleitet, fuhr er sofort zum Unglücksviertel. Vom Apostolischen Palast aus hatte er die Angriffe und die Rauchsäulen über dem Osten der Stadt gesehen, wie seine Haushälterin Schwester Pasqualina in ihren Aufzeichnungen notierte.

Klagegebet in blutverschmierter Soutane

Während sich weder König Viktor Emanuel III. noch ein Vertreter der faschistischen Führungsriege blicken ließen, traf der Papst auf dem Vorplatz der San-Lorenzo-Basilika mit den traumatisierten Menschen zusammen. Inmitten der Trümmer kniete er nieder und betete das Klagegebet "De profundis". Seine Soutane war blutverschmiert - ein verwundeter Junge hatte ihn berührt. Die Menschen riefen "Wir wollen Frieden". Pius XII. tröstete die Verletzten und Hinterbliebenen. Flehend und warnend erhob er die ausgebreiteten Arme zum Himmel. Die Geste zählt zu den ausdrucksstärksten Bildern seines Pontifikats. Sie ist vor Ort, nahe dem Eingang zum Verano-Friedhof, in einer lebensgroßes Bronzeskulptur festgehalten.

Papst Pius XII.
Bild: ©KNA

Nur Stunden nach dem Bombenangriff auf Rom besuchte Papst Pius XII. die Menschen im zerstörten Stadtteil.

Die vatikanische Diplomatie protestierte gegen die von langer Hand geplante Operation "Crosspoint". Der Papst telegraphierte an US-Präsident Roosevelt, den Heiligen Charakter der Hauptstadt der Christenheit zu achten und sie von weiteren Bombardements zu verschonen. Zugleich forderte der Vatikan die Italiener auf, hohe militärische Kommandos aus der Stadt zu schaffen, die den Alliierten Grund zu Angriffen geben könnten. Er rief dazu auf, Rom zu einer "offenen Stadt" zu machen.

Zehn Tage nach dem großen Luftangriff wurde Diktator Mussolini gestürzt und verhaftet. Italien blieb zunächst auf deutscher Seite im Krieg, bereitete jedoch seine Kapitulation vor. Unmittelbar nach deren Bekanntwerden am 9. September 1943 rückten deutsche Truppen in Rom ein. Für neun Monate war die Ewige Stadt von den Nazis besetzt. Am 4. Juni 1944 übernahmen dann US-Einheiten von Osten her die Stadt, während gleichzeitig die deutschen Verbände nach Norden abzogen. Zu größeren Kämpfen kam es aufgrund vorheriger Absprachen dabei nicht.

Bomben auf den Vatikan

Der Bombenabwurf vom 19. Juli 1943 war nicht der letzte Luftangriff auf Rom; die späteren waren jedoch nicht so verheerend. Das römische Stadtzentrum blieb danach von Kriegszerstörungen weitgehend verschont. Aber am 4. November 1943 wurde der Vatikan getroffen: In den späten Abendstunden fielen vier Bomben. Ein Fehlabwurf ist ausgeschlossen, weil das einzelne Flugzeug vorher länger über Rom kreiste und bei klarem Mondlicht gute Sicht bestand. Die Bomben richteten beträchtlichen Sachschaden am Governatorat und am Bahnhof an; in der ganzen Umgebung flogen die Fensterscheiben heraus. Jedoch wurde niemand verletzt oder getötet. Wenn auch durch glückliche Umstände: Der spätere Kardinal Tardini hatte kurz zuvor sein Studio im Governatorat verlassen, das schwer beschädigt wurde.

Die vatikanische Diplomatie protestierte und forderte bei Alliierten und Deutschen Aufklärung. Aber jede Seite bestritt den Abwurf und machte die Gegenseite für den Angriff verantwortlich. Der Vatikan hat die Schäden nach dem Angriff weitgehend beseitigt. Nur die getroffene Fassade des Bahnhofs, in dem heute ein Supermarkt für Elektronik, Getränke und Bekleidung untergebracht ist, wurde nie repariert. Auch nach 75 Jahren sieht man noch die von Bombensplittern beschädigte Front.

Von Johannes Schidelko (KNA)