Pater hatte gegen Wokeness und LGBTIQ gewettert

Nach Weihnachtspredigt: Abtei Tholey distanziert sich von Mitbruder

Veröffentlicht am 03.01.2023 um 13:06 Uhr – Lesedauer: 

Tholey/Wittichenau ‐ Die Weihnachtspredigt eines Benediktiners in Wittichenau sorgt mit ein paar Tagen Verzögerung für scharfe Kritik. In der Predigt hatte der Geistliche unter anderem gegen Wokeness und LGBTIQ gewettert. Jetzt distanzierte sich auch sein Kloster.

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Die Benediktinerabtei Tholey hat sich mit deutlichen Worten von einer Weihnachtspredigt ihres Mitbruders Pater Joachim Wernersbach OSB im sächsischen Wittichenau distanziert. "Gestern erhielten wir Nachricht von den veröffentlichten Inhalten der Predigt unsers Mitbruders P. Joachim Wernersbach OSB am Heiligabend in der Pfarrkirche zu Wittichenau. Wir verwehren uns ausdrücklich gegen das von ihm darin gezeichnete Menschenbild und die dort getroffenen schöpfungsgeschichtlichen Aussagen. Wir bedauern dadurch hervorgerufene Wut, Leid aber auch Bestürzung", teilte die Abtei am Dienstag mit.

Gott sei Mensch geworden, um die ganze Schöpfung zu erlösen; seine Botschaft gelte allen Menschen, so die "feste Ansicht" der Abtei. "Die von unserem Mitbruder getroffenen Wertungen und fehlendes pastorales Einfühlungsvermögen widersprechen nicht nur der gesellschaftlichen Realität, sondern diskriminieren in vielfacher Hinsicht große Teile der Gesellschaft, etwa im Bild der Frauen, im Verständnis von Familie und auch gegenüber den queeren Mitmenschen sowie der LGBT-Gemeinde. Dies gilt auch unbeschadet der gültigen katholischen Lehre", so die Abtei weiter. Für den Konvent sei die bekannte Aussage von Papst Franziskus zum Thema Homosexualität – "Wer bin ich, ihn zu verurteilen?" – Maßstab für den Umgang mit allen Menschen.

Abtei kündigt kirchliche Untersuchung der Predigt an

Abt Mauritius Choriol OSB habe für den Bereich Tholey Konsequenzen gezogen und Pater Joachim vorläufig jede Art der pastoralen Tätigkeit im Umland der Abtei Tholey untersagt. Der Abt habe dies auch dem Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt mitgeteilt und ihn um Stellungnahme zu den Vorfällen in Wittichenau gebeten. "Ferner wird die Abtei eine kirchliche Untersuchung mit Analyse des Predigttextes und der Fürbitten beauftragen", so die Abtei weiter.

Blick auf die Benediktinerabtei Sankt Mauritius in Tholey
Bild: ©KNA/Julia Steinbrecht

Pater Joachim Wernersbach gehört zur Benediktinerabtei Tholey im Saarland, ist aber seit Juli 2021 als Aushilfsseelsorger in Wittichenau tätig.

Pater Joachim Wernersbach, der seit Juli 2021 als Aushilfsseelsorger in Wittichenau tätig ist, hatte sich in seiner Predigt in der Christnacht unter Verweis auf die göttliche Ordnung gegen Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit positioniert. Wörtlich sagte er: "Es gibt so viele seltsame moderne Strömungen. Man hört von Gender und Transgender, von Transhumanismus und reproduktiver Gesundheit, von Wokeness und LGBTIQ, von Diversität und Identität, von multiplen Geschlechtern und Geschlechtsumwandlungen, dazu noch von diesem verheerenden neuen Offenbarungsverständnis des Synodalen Weges." Schon die Begriffe seien absolut befremdlich und hätten alle eines gemeinsam, denn es fehle ihnen an Schönheit, an Stimmigkeit und an Natürlichkeit. Und weiter: "Sie sind nicht im Einklang, nicht in Harmonie mit der unvorstellbar schönen göttlichen Ordnung. Eine große Dissonanz ist über unser Land hereingebrochen."

Zuvor hatte der Geistliche zudem erklärt, dass sich aus der biblischen Weihnachtsgeschichte die "Heiligkeit der Familie" ableiten lasse. Diese bestehe aus Mann, Frau und Kind. Wörtlich erklärte er an die versammelte Gemeinde gerichtet: "Ich wünsche besonders denen, die an die traditionelle Familie glauben, extra-große Freude, weil sie sich nicht beirren lassen und den schädlichen modernen Strömungen folgen oder gar huldigen." Der Weihnachtsgottesdienst mit der Predigt war zunächst bei YouTube abrufbar, inzwischen wurde das Video von der Kirchengemeinde in Wittichenau aber gelöscht.

Petition als Protest gegen die Predigt

Die Predigt hatte mit einigen Tagen Verzögerung besonders in den sozialen Netzwerken für Empörung gesorgt. Aufmerksamkeit erregte vor allem eine Petition von zwei Frauen aus Wittichenau, die damit ihren Unmut über die Aussagen des Geistlichen zum Ausdruck bringen wollten. Die Petition, die inzwischen geschlossen wurde, wurde innerhalb kurzer Zeit von mehr als 500 Menschen unterschrieben. Gegenüber t-online.de erklärte die Initiatorin Theresia Kliemank, dass die Rückmeldungen überwiegend zustimmend gewesen sein. "Aber natürlich haben uns auch kritische Stimmen erreicht", so Kliemank, die selbst einräumte, dass der Pater vielfach nur die Lehren der katholischen Kirche wiedergeben habe. "In einer Christmesse haben diese Aussagen trotzdem nichts verloren. Außerdem verlässt die Predigt an manchen Stellen wirklich den Rahmen und ist teilweise sehr diskriminierend und ausgrenzend. Das ist nicht in Ordnung."

Pater Wernersbach betonte gegenüber t-online.de, sich nicht zu seinen Aussagen äußern zu wollen, um die Debatte nicht weiter anzuheizen. Katholisch.de erfuhr aber, dass der Geistliche am Dienstag für Gespräche nach Tholey beordert wurde. Am Dienstagnachmittag übte auch Bischof Wolfang Ipolt deutliche Kritik an der Weihnachtspredigt. "P. Joachim hat sich ohne Zweifel unüberlegt und unverantwortlich geäußert. Das hat Gläubige vor den Kopf gestoßen und zu einer Petition an den Pfarreirat der Pfarrei bewogen", so Ipolt auf Anfrage von katholisch.de. Es gebe in einem Weihnachtsgottesdienst keinen Grund, sich zu Fragen der Sexualmoral der Kirche oder zur Lebensweise einzelner Menschen kritisch zu äußern. "Die Menschen erwarten gerade am Weihnachtsfest Stärkung ihres Glaubens und eine Deutung der Weihnachtsbotschaft", sagte der Bischof. Er habe Pater Wernersbach zu einem Gespräch nach Görlitz eingeladen und sprach sich dafür aus, dass der Benediktiner "auf jeden Fall" zu seiner Predigt Stellung beziehen und sich für einzelne und gegebenenfalls verletzende oder missverständliche Aussagen auch entschuldigen solle. (stz)

03.01.23, 17.20 Uhr: Ergänzt um Informationen zur Stellungnahme von Bischof Wolfgang Ipolt. Hier die ausführliche Rückmeldung des Görlitzer Bischofs