Würdigung der Arbeit von "Donum Vitae"

Bätzing: Polarisierung in Abtreibungsdebatte dient Lebensschutz nicht

Veröffentlicht am 02.03.2023 um 15:14 Uhr – Lesedauer: 

Dresden ‐ Ungeborenes Leben kann nach Ansicht von Bischof Bätzing nur mit der Mutter geschützt werden. Die geltende Rechtslage der Beratungslösung sei daher die angemessene Lösung des Konflikts. Für Lebensschutz sieht er die ganze Gesellschaft in der Pflicht.

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Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, sieht eine zunehmende Polarisierung in der Debatte über die Entkriminalisierung von Abtreibung. Zum Abschluss der DBK-Vollversammlung in Dresden sprach sich Bätzing am Donnerstag für eine Beibehaltung der aktuellen Rechtslage aus und betonte, dass die Beratungspflicht vor einem straffreien Schwangerschaftsabbruch auch die Interessen der Frauen schützt. "Das gilt insbesondere für Frauen, die zum Beispiel von ihren Partnern oder dem familiären Umfeld unter Druck gesetzt werden, für Frauen in starken Ambivalenzen, für alle Frauen in vulnerablen Lebenslagen überhaupt", so Bätzing weiter. Die ergebnisoffene Pflichtberatung diene damit nicht nur dem legislativen Konzept zum Lebensschutz des Ungeborenen, sondern auch dem Schutz von Gesundheit und Sicherstellung einer selbstbestimmten Entscheidung der Frau.

Bätzing beklagte eine zunehmende Polarisierung und Zuspitzung auf beiden Seiten der Debatte: "Das dient weder dem Schutz des ungeborenen menschlichen Lebens noch hilft dies schwangeren Frauen." Es gehe um einen differenzierten Blick auf alle, die von diesen existenziellen Fragen betroffen sind, so der Limburger Bischof. Die Gesellschaft und die politischen Verantwortlichen stünden in der Pflicht, sorgsam abzuwägen und die in Deutschland geltende Regelung nicht ohne triftigen Grund aufs Spiel zu setzen. Bätzing zeigte sich irritiert, dass in der politischen Diskussion häufig der verkürzte Eindruck erweckt werde, bei einer ungewollten Schwangerschaft liege die Lösung einzig darin, einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu können: "Mir erscheint es notwendig, in der Debatte auch nach den dahinterliegenden Gründen zu fragen, warum sich die einzelnen schwangeren Frauen ein Leben mit dem Kind nicht vorstellen können, und dann entsprechende Hilfen anzubieten und die Rahmenbedingungen zu verbessern." Hier stünde die Gesellschaft in der Verantwortung.

Lob für Arbeit von "Donum Vitae"

Bätzing würdigte in diesem Kontext die Arbeit der kirchlichen Beratungsstellen. Dabei nannte er auch ausdrücklich die Beratungsstellen von "Donum Vitae", die anders als die kirchlichen Beratungsstellen den für eine straffreie Abtreibung notwendigen Beratungsschein ausstellen. Der Verein, der nach dem erzwungenen Ausstieg der kirchlichen Beratungsstellen aus der Schwangerenkonfliktberatung von katholischen Laien gegründet wurde, sei "in derselben Zielrichtung" wie die kirchlichen Beratungsstellen unterwegs: "Auch ihnen geht es darum, das Leben zu schützen."

Der DBK-Vorsitzende forderte die von der Bundesregierung eingesetzte "Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin" zu einer sorgfältigen Prüfung auf: "Sie sollte multidisziplinär zusammengesetzt sein und neben den rechtlichen und medizinischen auch die ethischen und psychosozialen Aspekte in ihre Prüfung einbeziehen", so Bätzing. Die Bischöfe würden sich weiter an der Debatte beteiligen. Am Dienstag veröffentlichte das Bundesgesundheitsminsiterium die Zusammensetzung der aus 18 Expertinnen und Experten aus den Bereichen Ethik, Medizin, Verfassungsrecht, Familienrecht und Öffentliches Recht bestehenden Kommission. Vertreter aus Kirche und Theologie sind nicht beteiligt.

Kommission ohne kirchliche Vertreter

Dazu stellte Bätzing fest, dass die Kirche nicht mehr zu einer privilegierten Gruppe gehöre, die bei allen Gesetzesvorhaben selbstverständlich beteiligt werde. Die Bundesregierung sei frei, ihre Kommissionen so zu bestellen, wie sie das für richtig hält. Das sei auch ein Spiegel der politischen Situation. "Wir müssen Wege suchen, Politikerinnen und Politikern unsere Orientierungsmaßstäbe deutlich zu machen", so Bätzing. Der DBK-Vorsitzende begrüßte, dass die Kölner Medizinethikerin und ehemalige Ethikrats-Vorsitzende Christiane Woopen Teil der Kommission ist: "Das halte ich für eine kluge Entscheidung." Die Katholikin gehört auch der Synodalversammlung des Synodalen Wegs an, in die sie vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) entsandt wurde.

Zuvor hatte der Deutsche Caritasverband gewürdigt, dass der Kommission neben Juristen und Juristinnen auch Medizinethikerinnen und -ethiker angehören. Das verpflichtende Beratungsgespräch müsse aber beibehalten werden, forderte Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa am Donnerstag. Dies diene sowohl dem Schutz des ungeborenen Kindes als auch der Selbstbestimmung der Frauen. In einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) betonte der Sozialverband, dass das Selbstbestimmungsrecht der Frau und das Lebensrecht des ungeborenen Kindes untrennbar nebeneinander stünden.

Für Bätzing steht fest, dass das ungeborene menschliche Leben nur mit der Mutter geschützt werden kann. Man müsse aber auch berücksichtigen, dass ein Schwangerschaftsabbruch zum Tod des ungeborenen menschlichen Lebens führt. Daher sei die Regelung über das Strafrecht auch angemessen und diene dem Schutz der elementaren Rechtsgüter: "Dass eine Streichung des § 218 StGB das verfassungsrechtlich garantierte Lebensrecht des ungeborenen Kindes in gleicher Weise oder besser schützen soll als die gegenwärtige Regelung, scheint mir nicht einsichtig zu sein." Das im Grundgesetz geschützte Recht auf Leben mache es erforderlich, dass das Lebensrecht des ungeborenen Kindes im Bewusstsein der Menschen, der Gesellschaft und des Staates wachgehalten werde. (fxn)