Deutlich werde aber auch "die Eigenart seines Führungsstils"

Ulrich Hemel: Papst Franziskus kann Leuchtturm der Orientierung sein

Veröffentlicht am 17.04.2023 um 14:00 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg ‐ Mit seinem Gespür für Menschenwürde und weltweite Gerechtigkeit könne der Papst ein Leuchtturm der Orientierung sein, meint der Direktor des Weltethos-Instituts, Ulrich Hemel. Problematisch sieht er allerdings Franziskus' Führungsstil.

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Für den Direktor des Tübinger Weltethos-Instituts, Ulrich Hemel, gehört Papst Franziskus zu den Vorreitern eines umfassenden wirtschaftlichen Transformationsprozesses. Entscheidend sei für Franziskus die Verbindung sozialer und ökologischer Anliegen, so Hemel in der "Herder Korrespondenz". Die Entkopplung des materiellen Ressourcenverbrauchs vom wirtschaftlichen Wachstum sei eine soziale Frage. Der Papst wünsche sich "eine solidarische Welt und eine Wirtschaftsform, die vorrangig dem Gemeinwohl verpflichtet" sei. Solche Gedanken spiegelten sich heute auch im Mainstream wirtschaftlichen Handelns wider, betont Hemel.

Er geht zudem darauf ein, dass der Papst als Chef des Vatikanstaats und juristischer Alleinentscheider "auch am praktischen Leben in der Finanzwirtschaft" teilnimmt. Beim Bestreben nach Transparenz bescheinigt der Wissenschaftler dem Kirchenoberhaupt Teilerfolge und einen persönlich bescheidenen Lebensstil. Deutlich werde aber auch "die Eigenart seines Führungsstils", die manchmal als einsam und autoritär bezeichnet werde. Der Papst gewinne organisatorische Macht, aber nicht immer organisatorische Gefolgschaft. "Im organisatorischen Handeln wirkt er daher immer wieder wie ein machtvoller und zugleich sich ohnmächtig fühlender Einzelgänger", so Hemel. Für die Durchschlagskraft seiner Bemühungen sei diese Art der Führung ein Hindernis.

Den Eigenanspruch einer Kirche der Armen habe Franziskus nicht erfüllen können. Andererseits seien die sozialen Aufgaben einer Religionsgemeinschaft mit knapp 1,4 Milliarden Menschen nicht ohne Finanzmittel zu stemmen. So sehr einzelne Aspekte kritisch gesehen werden könnten, so deutlich werde in der Summe, "dass dieser argentinische Papst mit seinem Gespür für Menschenwürde und weltweite Gerechtigkeit ein Leuchtturm der Orientierung sein kann". Hemel äußerte sich in einem Sonderheft der "Herder Korrespondenz". Darin geht es unter dem Titel "Über Geld spricht man nicht" um das Thema Kirche und Finanzen. (KNA)