"Eingriff in die negative Glaubensfreiheit"

Gericht: Kruzifix in bayerischem Gymnasium verletzt Glaubensfreiheit

Veröffentlicht am 09.07.2025 um 15:33 Uhr – Lesedauer: 

München ‐ Hätte ein bayerisches staatliches Gymnasium auf Wunsch von Schülerinnen ein großes Kruzifix abhängen müssen? Ja, sagt ein Gericht. In einem anderen Punkt bekamen die Klägerinnen aber nicht recht.

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Ein staatliches Gymnasium in Bayern hätte ein großes Kruzifix im Eingangsbereich des Gebäudes entfernen müssen: Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München entschieden, wie dieser am Mittwoch mitteilte (Urteil vom 8. Juli 2025, Aktenzeichen 7 BV 21.336). Geklagt hatten ehemalige Schülerinnen, die während ihrer Schulzeit beantragt hatten, das Objekt entfernen zu lassen. Die Schule war dem nicht nachgekommen, woraufhin die Klägerinnen sich zunächst erfolglos an das Verwaltungsgericht München gewandt hatten.

Laut Bayerischem Verwaltungsgerichtshof ist die Konfrontation mit dem Kruzifix ein "Eingriff in die verfassungsrechtlich verbürgte negative Glaubensfreiheit". Diese meint die Freiheit, keinen bestimmten Glauben zu haben. "Die Klägerinnen waren wegen der Schulpflicht zwangsweise und immer wiederkehrend sowie im Hinblick auf dessen Positionierung ohne (zumutbare) Ausweichmöglichkeit mit dem Kruzifix konfrontiert", heißt es in der Mitteilung. Das Kruzifix in der Größe von 1,50 Metern sei an einer sehr exponierten Stelle angebracht gewesen und habe den Leichnam Jesu Christi figurenhaft dargestellt.

Unterricht statt Gottesdienst rechtens

Die Schülerinnen hatten zudem dagegen geklagt, während der Schulgottesdienste an einem verpflichtenden Alternativunterricht teilnehmen zu müssen, sofern sie den Gottesdienst nicht besuchten. Dazu entschied der Verwaltungsgerichtshof, dass der Besuch von Gottesdiensten zwar nicht vorgeschrieben werden könne. Allerdings könne man daraus keinen Anspruch ableiten, für diese Zeit vom Unterricht befreit zu werden. Durch die Teilnahme am Alternativunterricht, der sich zum Beispiel mit allgemeinen Themen aus dem Fach Ethik befasse, werde eine Gleichbehandlung aller sichergestellt.

Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann innerhalb eines Monats Beschwerde eingelegt werden. Laut dem Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen ist in Grund-, Mittel- und Förderschulen in jedem Klassenzimmer ein Kreuz anzubringen. Für Gymnasien gibt es eine solche Regelung nicht, worauf auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Mitteilung aufmerksam macht.

Regierungsparteien üben Kritik

Der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion, Klaus Holetschek, bedauerte die Entscheidung des Gerichts. "Bayern ist ein Land der Vielfalt und der Toleranz – aber Bayern ist eben auch ein Land mit christlich-abendländischer Prägung", erklärte er laut Mitteilung des Landtags. Das Kreuz stehe nicht nur für den christlichen Glauben, sondern auch für Werte wie Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Wichtig sei zudem: "Die Grundsatzentscheidung der Bayerischen Staatsregierung zur Anbringung von Kreuzen in staatlichen Gebäuden wird durch dieses Urteil nicht infrage gestellt." Schließlich habe der Verwaltungsgerichtshof auf die Umstände des Einzelfalls verwiesen.

Auch die Freien Wähler, die mit der CSU in Bayern regieren, äußerten Unmut. "Der Richterspruch ist ein harter Schlag für das in Bayern besonders tief verwurzelte Christentum", sagte Florian Streibl, Vorsitzender und religionspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion. Das Kreuz habe auch in Gymnasien zu hängen und sei ein religiöses Symbol für Menschlichkeit sowie Ausdruck der kulturellen Identität Bayerns. "Gerade an staatlichen Schulen steht es für unsere geschichtlichen Wurzeln und die Werte, auf denen unser Gemeinwesen fußt." (KNA)

9. Juli 2025, 16.20 Uhr: Ergänzt um Kritik aus Regierungsfraktionen