Marx hält Papst in Zölibatsfrage für offen

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hält Lockerungen beim Zölibat durch den neuen Papst für möglich. "Zunächst geht es darum, die Ehelosigkeit als Lebensform positiv zu bewerten und zu schützen", sagte Marx in einem Interview von "Münchner Merkur" und "tz" (Samstag). Der Erzbischof von München und Freising ergänzte: "Muss man den Priesterberuf aber beschränken auf zölibatär lebende Männer? Sehen wir wirklich alle Berufungen, die uns Gott schenkt? Oder versperren wir uns hier? Die Tür zu dieser Diskussion ist nicht geschlossen. Ich glaube nicht, dass Papst Leo da völlig festgelegt ist. Er hat Basiserfahrung, gerade aus Lateinamerika."
Auf die Frage, ob der Papst unterschiedliche Geschwindigkeiten bei der Umsetzung von Reformen zulassen könnte, sagte Marx: "Ich glaube, er ist da erst einmal offen. Es gibt sehr viele Erwartungen. Manche in Deutschland meinen, wir würden eine Art Kirchenversammlung einführen wie ein Parlament oder eine Demokratie. Andere möchten am liebsten zurück in die Vergangenheit und alles um den Synodalen Weg vergessen. Beides sehe ich nicht. Wir haben eine Struktur der Kirche, in der die Bischöfe eine besondere Verantwortung tragen. Das wird nicht abgeschafft."
Kritik an Wettrüsten
Der Kardinal fügte an: "Aber wir brauchen mehr Synodalität, also die Einbeziehung aller in den Dienst der Kirche. Wie wir das organisieren können, ist offen." Für viele in der Weltkirche sei das Neuland. "Ich sehe uns hier in München auf einem guten Weg. Wenn ich als Erzbischof bei theologischen und pastoralen Fragen keine gravierenden Probleme erkenne, dann bin ich bereit, einer mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossenen Empfehlung unseres Synodalen Gremiums zu folgen. Was Rom eher nicht möchte - und da bin ich auch skeptisch - ist ein nationales Gremium, das mir als Bischof und uns im Erzbistum vorschreibt, was wir zu tun haben."
Nach seinen Sorgen gefragt, erklärte Marx, diese rührten besonders vom Krieg in verschiedenen Ländern her. "Es entsteht ein Wettrüsten, das mich erschrecken lässt. Soll das unsere Rettung sein? Eine Ressourcenverschwendung für immer neue Waffen? Ich habe da ein großes Fragezeichen." Er sei nur sicher: Krieg könne nicht die Lösung sein. "Denken Sie nur an Gaza: Zu welchem Preis wird dort versucht, die Hamas zu vernichten! Glaubt denn wirklich jemand, dass die Hamas einfach verschwindet und mit ihr der ganze Hass? Als Bischof muss ich auch diese Fragen stellen." (KNA)