Gericht ordnet Verlegung von Spaniens "Sixtinischer Kapelle" an
Jahrelang dauerte der Rechtsstreit an – nun wird das Nationale Kunstmuseum Kataloniens weltberühmte romanische Fresken an das Kloster Santa María de Sijena in der benachbarten Region Aragon zurückgeben. Besser gesagt wird Barcelonas bedeutendstes Museum die Wandmalereien zurückgeben müssen. Denn nachdem Museumsdirektor Pepe Serra die Frist einer freiwilligen Rückgabe Ende Juni verstreichen ließ, ordnete das zuständige Gericht in Huesca nun an, die Kunstwerke binnen sieben Monaten in das Nonnenkloster zu überführen, aus dem sie stammen.
Die wertvollen Wandmalereien wurden 1936 während des Spanischen Bürgerkriegs aus dem stark beschädigten Kloster bei Huesca nach Barcelona in Sicherheit gebracht. Seit 1961 werden die insgesamt 43 Fragmente im Museu Nacional d'Art de Catalunya ausgestellt. Das MNAC am Fuße von Barcelonas Montjuïc-Berg verfügt über die weltweit größte Sammlung romanischer Fresken – und die Wandmalereien aus dem Sijena-Kloster in der spanischen Region Aragon sind das Highlight schlechthin. Sie entstanden zwischen 1196 bis 1208 und gelten als Spaniens "Sixtinische Kapelle". Um die Fresken entsprechend für die Besucher in Szene zu setzen, wurde im Museum sogar die Kapelle des Nonnenklosters nachgebaut, die sie ursprünglich schmückten.
Kampf um die "Kronjuwelen"
Lange weigerte sich das Museum, seine "Kronjuwelen" zurückzugeben. Dabei erhielt es die politische Unterstützung der bis vor kurzem in Katalonien regierenden Separatisten. Auch für Kataloniens ehemaligen Regierungschef Carles Puigdemont, der seit seinem illegalen Unabhängigkeitsreferendum von 2019 im belgischen Exil lebt, passte die Rückgabeforderung der aragonesischen Regionalregierung, die das heutige Klostermuseum von Sijena verwaltet, perfekt in seinen politischen Diskurs. Er folgte dem Prinzip "Spanien raubt uns aus".
Natürlich argumentieren die Katalanen auch mit politischen und technischen Gründen. Es handle sich nicht um "Raubkunst", wie von Aragon behauptet. Die Fresken wurden von der damaligen legitimen republikanischen Regierung an Katalonien übergeben, um sie im Zuge der Kriegswirren in Sicherheit zu bringen. Zudem könne ein erneuter Umzug der äußerst fragilen Malereien irreparable Schäden verursachen.
Sollten die Fresken nicht ins Kloster von Sijena überführt werden, wird die aragonesische Regionalregierung eine "polizeiliche Zwangsräumung" der Kunstschätze in Barcelona beantragen.
Die Fresken würden weder den Erschütterungen durch den Transport noch den veränderten Umweltbedingungen im Kloster standhalten, die für die Ausstellung der Werke erforderlich wären, protestierte Carme Ramells. Die Wandmalereien nach Sijena zu bringen, sei wie das Aktivieren einer "Zeitbombe", so die Leiterin der MNAC-Restaurationsabteilung.
Die aragonesischen Kunstexperten seien sehr wohl in der Lage, einen sicheren Transport zu organisieren und das Kloster werde die Werke sicher aufbewahren können, stellte hingegen Aragons konservativer Regionalpräsident Jorge Azcón klar. Die Regionalregierung investierte bereits mehr als eine Million Euro, um das historische Klostergebäude für die fachgerechte Unterbringung der Fresken instandzusetzen.
Strafsätze von 5.000 Euro pro Tag möglich
Wie lange der Umzug jetzt noch dauert, ist unklar. Bereits im Mai klärte das Gericht die Besitzansprüche. Damit endete einer der polemischsten Kunst-Prozesse der spanischen Geschichte nach fast einem Jahrzehnt. Doch bisher geschah wenig. Mehr noch: Das MNAC verweigerte bis vor wenigen Tagen den Kunstexperten aus Aragon sogar den Zugang zu den Fresken, um einen baldigen Transport vorzubereiten.
Sollten die Fresken nicht in den kommenden Monaten ins Kloster von Sijena überführt werden, wird die aragonesische Regionalregierung eine "polizeiliche Zwangsräumung" der Kunstschätze im MNAC beantragen. Um den Druck auf das Museum zu erhöhen, beantragte man beim zuständigen Gericht sogar Strafsätze von 5.000 Euro für jeden Tag, der verstreicht.
