Seine Ermordung spaltet das Land weiter

Charlie Kirk in den USA auf dem Weg zum Märtyrer?

Veröffentlicht am 13.09.2025 um 00:01 Uhr – Von Tobias Käufer und Christoph Schmidt (KNA) – Lesedauer: 

Washington ‐ Der konservative Aktivist Charlie Kirk erhält posthum die Freiheitsmedaille. Die "New York Times" sieht ihn bereits auf dem Weg zum Märtyrer. Kurz nach seiner Ermordung wird er ebenso verfemt wie verklärt.

  • Teilen:

Eine schwarze Sonnenbrille verdeckt ihre Augen, als Erika Kirk die Gangway der Air Force Two hinunter schreitet. Es war am Donnerstag der erste öffentliche Auftritt der Witwe des erschossenen Aktivisten Charlie Kirk, einen Tag nach dem Mordanschlag auf ihren Mann in Utah. Begleitet wurde sie von US-Vizepräsident J.D. Vance und dessen Frau Usha. Beide trugen als Zeichen der Trauer schwarz. Vance ehrte mit dem Transport des Sarges im zweitwichtigsten Flugzeug des Landes das Anschlagsopfer, mit dem er persönlich befreundet war.

Präsident Donald Trump erklärte, die Beerdigung des zweifachen Vaters werde wohl in den nächsten Tagen in Arizona stattfinden. "Und ich fühle die Verpflichtung, dabei zu sein." Er teilte unterdessen die Verhaftung eines Tatverdächtigen mit. "Ich glaube, wir haben ihn", sagte er dem Sender Fox News.

Digitales Denkmal

Die "New York Times" kommentierte: "Kirks christliche Anhänger trauern um ihn als Märtyrer", und sie zitierte Pastor Jackson Lahmeyer aus Oklahoma: "Charlie starb für das, woran er glaubte; er starb für etwas, das größer war als er selbst." Lahmeyer hatte seinerzeit das Netzwerk "Pastors for Trump" gegründet. "Wir hoffen und beten, dass Charlies Tod nicht umsonst war." Die "Washington Post" schrieb, Kirks Anhänger beteuerten, seine Ermordung werde sie nicht zum Schweigen bringen. Im Gegenteil, sie erwarten, dass ihre Bewegung "Turning Point USA" dadurch nur stärker wird.

Inzwischen haben christliche Anhänger Kirks damit begonnen, in den Sozialen Netzwerken dem Aktivisten des "Make America Great Again" und Influencer mit Millionenreichweite ein digitales Denkmal zu setzen. Besonders abgerufen werden natürlich Clips, die ihn "in action", also vor allem in Debatten mit linken Studenten zeigen. Es sind verbale Gefechte, die zeigen, dass hier Weltanschauungen und konträre Wertverständnisse aufeinanderprallten. "Wenn ich mein Gesicht schwarz anmale, dann bin ich trotzdem kein Schwarzer. Ich bin deshalb auch keine Frau, wenn ich mich als Mann als solche bezeichne", lautet einer seiner Aussagen, die millionenfach abgerufen werden.

Bild: ©picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Alex Brandon (Archivbild)

Donald Trump kündigte an, Charlie Kirk posthum ehren zu wollen.

Kirks Aussagen polarisierten die Jugend der USA. Unter anderem wurde ihm Rassismus vorgeworfen. Kirk hielt dagegen, er gebe nur die Fakten wieder. Der teils niedrige Bildungserfolg und hohe Kriminalitätsraten unter der afroamerikanischen Bevölkerung seien beispielsweise auch darauf zurückzuführen, dass 70 Prozent der schwarzen Väter ihre Familien verließen und lieber auf den Wohlfahrtsstaat vertrauten, statt ihren Kindern als starkes Vorbild zu dienen. Hier liege ein tiefes gesellschaftliches Problem. Um es lösen zu können, müsse man es aber erst einmal öffentlich aussprechen.

Ähnlich provokant aus Sicht seiner Gegner behandelte Kirk auch andere Reizthemen wie Abtreibung, Migration, Waffenrecht, Transgender-Fragen oder den Umgang mit dem Islam. Oft begründete er dabei seine Position auch mit Bibelzitaten und rief die Jugend zur Umkehr zu Jesus auf.

Gesicht des Kulturkampfs

In diesem Kulturkampf zwischen christlich-konservativ und links-"woke" wurde Kirk damit zum bekanntesten und am meisten polarisierenden Gesicht der USA, als eine Art Martin Luther King von rechts. Sofort nach dem Mord setzte sich die Schlacht denn auch in den Reaktionen darauf fort. Auf Social Media trafen hämisch-schadenfrohe, oft unwürdige Kommentare linker User auf Verklärung und Rachefantasien von Anhängern Kirks.

Fast ebenso heftig geschah dies auch weltweit, auch in Deutschland. Während etwa die Linksjugend unverhohlen höhnisch den Tod eines "Rechtsextremisten" kommentierte, der "mit einem gezielten Schuss in seinen Hals" sein Ende gefunden habe, schlossen sich Beatrix von Storch und andere AfD-Spitzenleute dem Lob einer Lichtgestalt an. "Santo Subito!" (Heiligsprechung sofort) heißt es tatsächlich unter einem X-Post der Vize-Fraktionsvorsitzenden, in Anspielung auf die Rufe beim Tod von Papst Johannes Paul II. 2005. Der glühende Evangelikale Kirk, der die katholische Kirche höchst kritisch sah, hätte damit wohl seine Probleme.

Im konservativen Lager, das dank ihm in den USA gerade dabei war, auch unter jungen Leuten immer mehr Zustimmung zu gewinnen, hinterlässt der Mord nun eine tiefe Lücke. Inzwischen berichten die US-Medien verstärkt auch über seine Ehefrau Erika. Der ehemaligen Basketballerin und Miss Arizona wird zugetraut, irgendwann nach der Trauerphase die Arbeit ihres Mannes fortzusetzen und vielleicht auch eine politische Rolle in Washington zu übernehmen. "Sie ist am Boden zerstört", sagte Trump – und verlieh Kirk posthum die Freiheitsmedaille des Präsidenten, eine der beiden höchsten zivilen Auszeichnungen der USA.

Von Tobias Käufer und Christoph Schmidt (KNA)