Christinnen und Christen aller Länder – vereinigt euch!

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Eigentlich wollte ich die surreal-anachronistische Mobilmachung des Rosenkranzgebetes, herkünftig von der durch die Seeschlacht bei Lepanto (dem heutigen Nafpaktos) am 7.10.1571 geprägten Oktober (dem "Rosenkranzmonat"), durch den römischen Löwen zum Anlass nehmen, dies kritisch zu beäugen. Indes traute ich meinen Augen nicht, dass laut der letzten "Sonntagsumfrage" die christliche (?) Union mit der völkischen Alternative (?) gleichauf liegt: Ein Viertel (mindestens) der Bevölkerung will eine andere Gesellschaft – und dies nicht nur in deutschen Landen.
Die Kirchen mögen sich hier keinen Maulkorb verpassen lassen – wir haben keinen direkten politischen Einfluss. Das "Reich Gottes" mag nicht von dieser Welt sein (schade eigentlich), so wie es dem johanneischen Christus in den Mund gelegt ist (die exegetischen Hintergründe müssen uns hier nicht interessieren) – gleichwohl: das Christentum ist von dieser Welt. Das muss Konsequenzen haben: Die von Israel inspirierte jesuanische Inklusion von Ausgegrenzten ist das eine, die paulinisch forcierte Übersetzung dessen, dass separierendes Herkunftsdenken einer neuen Menschheitsverbundenheit weichen muss, hat Serum gegen den unerleuchtet-hochmütigen und bösartig-lügnerischen Hass zu sein, der längst in das akzeptiert Vertretbare eingesickert ist – vielleicht wäre hier statt einer Brandmauer der Deich das passendere Wort.
Die vielfach totgepredigten "lebendigen Steine" könnten jetzt (endlich) konkret werden. Die Inhalte des Glaubensbekenntnisses mögen nicht als Mythenrhetorik und Dogmenpropaganda verkannt werden, sondern als Großerzählung dessen, wie wir uns verstehen, auf dass eine Zukunft des Humanum ohne Ausgrenzung befördert werde – "er riss die trennende Wand er Feindschaft nieder" (Eph 2,14). Zerbröselt diese Haltung für unser Gemeinwesen, werden alternative Propagandist*innen das Terrain noch stärker okkupieren. Mögen die Imitatoren Jesu Christi endlich aus dem sprichwörtlichen "Schlaf der Sicherheit" erwachen – mehr noch: Wir mögen hören: "Woke up" ruft uns die Stimme, sonst erleben wir womöglich ein böses Erwachen, bei dem auch die "Rosenkranzkönigin" nichts vermag.
Der Autor
Oliver Wintzek ist Professor für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Katholischen Hochschule in Mainz. Zugleich ist er als Kooperator an der Jesuitenkirche in Mannheim tätig.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.