Nach Ernennung der ersten Erzbischöfin von Canterbury

Konservative Anglikaner gründen neue Kirchengemeinschaft

Veröffentlicht am 17.10.2025 um 12:31 Uhr – Lesedauer: 

Gasabo ‐ In der weltweiten anglikanischen Gemeinschaft rumort es seit Jahren: Vor allem Kirchen aus dem globalen Süden sehen Frauen im Bischofsamt und Liberalisierung der Sexualmoral als Irrweg. Eine Frau als Erzbischöfin brachte nun das Fass zum Überlaufen.

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Der Zusammenschluss konservativer anglikanischer Kirchen GAFCON hat die bisherige Kirchengemeinschaft mit der Erzbischöfin von Canterbury und damit der gesamten bisherigen anglikanischen Gemeinschaft aufgekündigt. Am Donnerstag teilte der Sprecher der GAFCON, der ruandische Primas Laurent Mbanda mit, dass man sich nun selbst als die eigentliche Anglikanische Gemeinschaft verstehe. "Wie schon von Anfang an haben wir die Anglikanische Gemeinschaft nicht verlassen; wir sind die Anglikanische Gemeinschaft", so die Erklärung. Hintergrund ist die Ernennung von Sarah Mullally zur Erzbischöfin von Canterbury. Mullally ist die erste Frau, die dieses Amt bekleidet.

In ihrer Erklärung teilt die GAFCON mit, dass die anglikanische Gemeinschaft durch sie neu geordnet werde auf alleiniger Grundlage der Bibel. Damit kehre man zurück zur ursprünglichen Struktur als Gemeinschaft autonomer Kirchenprovinzen auf Grundlage des in den anglikanischen Bekenntnisschriften ("Formularies of Reformation") festgehaltenen Glaubens und der 2008 beschlossenen Grundsatzerklärung der GAFCON, der "Jerusalem Declaration".

Kompletter Rückzug aus bisheriger Gemeinschaft

"Wir lehnen die sogenannten Instrumente der Gemeinschaft ab, nämlich den Erzbischof von Canterbury, die Lambeth-Konferenz, den Anglikanischen Konsultativrat (ACC) und die Primatenversammlung, die es versäumt haben, die Lehre und Disziplin der Anglikanischen Gemeinschaft aufrechtzuerhalten", heißt es in der Erklärung. Die Mitgliedskirchen der GAFCON werden demnach künftig nicht mehr an Beratungen und Gremien teilnehmen, die von der Erzbischöfin von Canterbury einberufen werden. Finanziell trenne man sich von den bisherigen Strukturen und werde weder Beiträge leisten noch Zuschüsse akzeptieren. Mitgliedskirchen werden dazu angehalten, in ihren Statuten Verweise auf die Kirchengemeinschaft mit dem Bischofssitz von Canterbury und der Kirche von England zu streichen. An die Stelle der bisherigen Kirchengremien soll eine neue Primatenversammlung treten, die einen Vorsitzenden als "primus inter pares" wählen wird.

Sarah Mullally ist erste Erzbischöfin von Canterbury
Bild: ©picture alliance/empics/Gareth Fuller

Londons Bischöfin Sarah Mullally wird erste Erzbischöfin von Canterbury. Ihre Wahl sorgt für hohe Wellen auch innerhalb der anglikanischen Gemeinschaft.

Anlässlich der Ernennung Mullallys zeigte sich die GAFCON empört. Die Personalie bedeute eine Abwendung von Gläubigen weltweit. Die Kirche von England habe eine Leitung gewählt, die die Trennung in der bereits gespaltenen Gemeinschaft weiter verschärfen werde. Ein Großteil der anglikanischen Gemeinschaft halte daran fest, dass die Bibel ein rein männliches Episkopat verlange. "Ihre Ernennung bedeutet daher, dass es unmöglich ist, dass der Erzbischof von Canterbury, als Zentrum der Einheit innerhalb der Gemeinschaft fungiert", so die GAFCON. Zuvor hatte sie bereits deutlich die Wahl einer lesbischen Bischöfin in Wales kritisiert.

Gesprächsforum entwickelt sich zu Kirchengemeinschaft

Die "Global Anglican Future Conference" (GAFCON) war zunächst ein Gesprächsformat anglikanischer Kirchen, die mit dem liberalen Kurs vor allem westlicher anglikanischer Kirchen nicht einverstanden sind. Die erste Konferenz fand 2008 in Jerusalem statt und verabschiedete eine Bekenntnisschrift, die das anglikanische liturgische Erbe sowie die hergebrachte Ämter- und Sexuallehre betonte. Insbesondere die Ordination von Frauen und die Öffnung gegenüber gleichgeschlechtlichen Beziehungen stieß auf Kritik der GAFCON. Vor allem anglikanische Provinzen Lateinamerikas, Afrikas und Asiens sind dort vertreten, aber auch europäische und nordamerikanische Anglikaner.

Die Organisation entwickelte sich aus einer Reihe von Konferenzen immer weiter in Richtung einer eigenen Kirchengemeinschaft. Den bisherigen Höhepunkt stellte das Treffen 2023 dar. Damals hatte die Konferenz nach der Freigabe von Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare durch die Church of England erklärt, dass durch "wiederholte Abkehr vom Wort Gottes" das Gemeinschaftsgefüge zerrissen sei. Die nächste Konferenz findet im März 2026 in Nigeria statt. (fxn)