Jon Sobrino berichtet über das kurze Treffen

Papst trifft gerügten Befreiungstheologen

Veröffentlicht am 14.11.2015 um 11:00 Uhr – Lesedauer: 
Vatikan

Rom ‐ Papst Franziskus ist mit dem salvadorianischen Befreiungstheologen Jon Sobrino zusammengetroffen, der 2007 vom Vatikan öffentlich gerügt wurde. Franziskus habe ihn zum Abschied aufgefordert: "Schreib!", erzählte Sobrino.

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Er messe diesen Worten aber keine größere kirchenpolitische Bedeutung zu. Franziskus habe damit nicht die früheren Beanstandungen gegen ihn missbilligt, erklärte der 76-jährige Jesuit. Es sei keine Rehabilitierung gewesen, sondern eine Ermutigung.

Die vatikanische Glaubenskongregation hatte im März 2007 beanstandet, dass einige Thesen Sobrinos "den Gläubigen durch ihre Irrtümer und Gefährlichkeit schaden". Sie betrafen etwa Aussagen zur Göttlichkeit Christi, zur Menschwerdung Gottes und dem Verhältnis zwischen Christus und dem Reich Gottes. Für Sobrino hatte die Beanstandung keine unmittelbaren Konsequenzen. Er behielt seine Lehrerlaubnis und durfte weiter publizieren. Es war der letzte prominente Fall, in dem der Vatikan gegen einen führenden Vertreter der Befreiungstheologie vorging. Sobrino hält sich für eine Tagung über den sogenannten Katakombenpakt in Rom auf.

Papst Franziskus stand als Oberer der argentinischen Jesuiten und Erzbischof von Buenos Aires der Hauptrichtung der Befreiungstheologie distanziert gegenüber. Mit seiner Forderung einer "armen Kirche für die Armen" greift er jedoch eine zentrale Forderung dieser Strömung auf. Zuvor hatte er bereits den peruanischen Befreiungstheologen Gustavo Gutierrez (87) im Vatikan getroffen.

Einziger Überlebender des Überfalls auf Jesuiten-WG

Sobrino ist einer der bekanntesten Befreiungstheologen Lateinamerikas. Im spanischen Barcelona geboren, lebt und arbeitet er seit Jahrzehnten in San Salvador, wo er die Jesuitenuniversität UCA mitbegründete und wo er bis heute Theologie lehrt. Er stand dem 1980 ermordeten Erzbischof Oscar Romero nahe. Als einziger überlebte er einen Überfall auf die Jesuitengemeinschaft in dem zentralamerikanischen Land am 16. November 1989, bei dem sechs seiner Mitbrüder ermordet wurden.

Die vor allem in Lateinamerika verbreitete "Theologie der Befreiung" führte im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts zu innerkirchlichen Spannungen. Die Glaubenskongregation unter Joseph Ratzinger bezeichnete die marxistische Ausprägung dieser Denkrichtung als unvereinbar mit der christlichen Lehre und erteilte mehreren Theologen Lehr- und Publikationsverbot. (KNA)