Jean-Marie Vianney
Begeistert war der Bischof von Grenoble nicht, als er diesen Bauernsohn am 13. August 1815 zum Priester weihte. Der vor ihm stehende Seminarist namens Jean-Marie Vianney (1786-1859) war ein ehemaliger Deserteur, galt als wenig intelligent und litt unter nervösen Selbstzweifeln. Immerhin sei er sehr fromm – mehr Positives hatten Jean-Maries Ausbildungsleiter nicht über ihn zu sagen. Nach Abschluss seines Vikariats sollte er die Gemeinde von Ars übernehmen. Das seit der Französischen Revolution entchristlichte Dorf galt ohnehin als hoffnungsloser Fall. "Dort kann er nichts mehr zerstören", soll der Bischof die Versetzung kommentiert haben. Jean-Marie wurde nichts geschenkt: Ihre Zeit verbrachten die 230 Einwohner lieber in einer der vier Dorfkneipen als in der Kirche. Bestenfalls mieden und ignorierten sie den jungen Pfarrer – schlimmstenfalls beschimpften sie ihn oder feindeten ihn an. Doch Jean-Marie gab nicht auf und kämpfte beharrlich um seine Gemeinde: Er setzte sich gegen Sonntagsarbeit und die Trink- und Tanzgelage ein, baute eine Mädchenschule und gründete ein Waisenhaus. Die Nächte verbrachte der streng asketisch lebende Priester im Gebet um das Seelenheil der ihm anvertrauten Menschen. Erst nach neun Jahren zeigten sich erste Erfolge seiner Mühen. Die Kirche begann sich zu füllen und bald kamen ganze Pilgerströme, um bei ihm zu beichten. In seiner zwischen religiösem Desinteresse und spiritueller Sehnsucht zerrissenen Epoche hatte der bescheidene Jean-Marie den Nerv der Zeit getroffen. Immer mehr Franzosen wollten diesen besonderen Priester sehen, der mit einfachen Worten zum Innersten der Suchenden sprach und niemanden verurteilte. Der über diese Verehrung erschrockene Jean-Marie versuchte mehrfach, in ein Kloster zu flüchten – doch die bekehrten Dorfbewohner hielten ihn zurück. Jahrzehntelang saß er täglich 10 bis 17 Stunden im Beichtstuhl. Jean-Marie starb am 4. August 1859 und wurde 1925 heiliggesprochen. Der Pfarrer von Ars gilt heute als Patron aller Pfarrer.