Sunday Up: Hellmuth Karasek
Wir kennen Karasek noch als den SPIEGEL-Mann, der als Leiter der Kulturabteilung jahrzehntelang über Erfolg und Abstieg von Buchautoren und Theatermachern entschied. Inzwischen hat Karasek die Seiten gewechselt. Hat selber Bücher geschrieben und mischt im Fernsehen als Partner von Marcel Reich-Ranicki mit. Nebenbei ist er noch Chefredakteur des Berliner Tagesspiegels. Und trotzdem - das ist kaum zu glauben - meint er, die Arbeit belaste ihn weniger als früher.
Vom gefürchteten Kulturpapst zum Genussmenschen
Wir treffen Karasek, den am Sonntagmorgen ein gepflegter Dreitagebart ziert, in Hamburg. Bei einem Kännchen Kaffee und einem Glas Rotwein lässt sich besser reden. Aus dem gefürchteten Kulturpapst ist inzwischen ein Genussmensch geworden, der die angenehmen Seiten des Lebens schätzt.. Er ist liebevoller Vater und Partner einer sehr viel jüngeren Frau: Das hat ihn selber jung gehalten. Kaum jemand in der deutschen Kulturszene hat so frühzeitig auf Trends und Moden reagiert wie er. Wir reden über sein Buch, das mit der SPIEGEL-Zeit abrechnet. Teilweise erscheint es übertrieben - war es dort unter Augstein wirklich so? Wir alle reflektieren das Erlebte, wenn wir längere Zeit an einem Ort waren. Karasek entschied sich für den unbequemen Weg und veröffentlichte ein Buch. Noch mehr Feinde hat ihm das eingebracht, aber auch ein paar neue Freunde. Sympathisch finden wir ihn, wie er mit verschmitztem Lächeln über Geheimnisse aus den alten Redaktionsetagen plaudert und dann das Rotweinglas leert. 'So, dann können wir jetzt drehen', dreht Karasek das 'Gehen' um, und wir fahren rüber an die Alster, wo er spazieren gehend seine Sonntagvormittage genießt.