Kann es ein christliches Yoga geben?

Zwischen Sport und Spiritualität

Veröffentlicht am 21.10.2016 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Meditation

Bonn ‐ Für viele Menschen gehört Yoga zum Alltag. Doch wie kann man als Katholik diese meditative Sportart ausüben? Nicht allen erscheint das möglich: Exorzist Pater Amorth nannte Yoga sogar "teuflisch".

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Yoga ist in Deutschland sehr beliebt: Aktuell praktizieren es mehr als 2,5 Millionen Bundesbürger. Doch Yoga hat nicht nur Unterstützer. Der langjährige und erst kürzlich gestorbene Exorzist der Diözese Rom, Pater Gabriele Amorth, äußerte sich kritisch zu dieser meditativen Sportart: "Yoga zu betreiben, ist teuflisch. Man denkt, es führt zu Entspannung, doch es führt zum Hinduismus.", sagte Pater Amorth vor einigen Jahren. Mit seiner Kritik steht der verstorbene Exorzist unter Christen nicht alleine da. Gläubige aller Konfessionen sehen in der großen Verbreitung von Yoga in der westlichen Welt eine Gefahr. Doch woher kommt die Angst vor den harmlos scheinenden Gymnastikübungen?

Die Kritiker merken vielfach an, dass Yoga Teil einer anderen Religion sei und einem nicht-westlichen Kulturkreis entstamme. Die Körperübungen seien teilweise zur Anbetung hinduistischer Gottheiten gedacht, lauten die Vorbehalte. Außerdem bemängeln sie, Yoga sei eine Selbsterlösungslehre, da man durch das Praktizieren der gymnastischen Übungen (Asanas) seine Seele mit seinem Körper vereine und sich nach hinduistischer Lehre durch Meditation und Askese vom immer wiederkehrenden Kreislauf des Lebens befreie. Dies sei mit dem christlichen Glauben an eine Erlösung durch den Kreuzestod Jesu nicht zusammenzubringen. Historisch gesehen haben die Kritiker Recht: Yoga stammt aus der indischen Kultur und hat enge Verbindungen zum Hinduismus. Zudem handelt es sich um eine ganze Philosophie und Lebensweise, welche die Vereinigung von Leib und Geist bewirken soll.

Das Yoga

Yoga ist eine Technik, mit deren Hilfe durch gymnastische Posen und Atemübungen die Meditation gefördert wird. Das im Westen bekannte Yoga ist nur ein Teil dieser Tradition. In Indien wird Yoga als die Weise verstanden, mit der das komplexe Verhältnis von Körper, Geist und Seele gelenkt werden kann. Daher stammt auch der Name "Yoga", was in der indischen Sprache Sanskrit "Joch" oder "Anspann-Geschirr" bedeutet. Dabei gibt es für die Praxis des Yoga mehrere Möglichkeiten: Als intellektuelle Aufgabe, als Tat selbstlosen Handelns, als Hingabe an einen Gott und als meditativer Weg mit insgesamt acht Stufen. Das Yoga als Gymnastik ist die dritte Stufe dieses im Westen bekannten achtgliedrigen Weges, der nach hinduistischer Lehre mit der achten Stufe in der Erleuchtung sein Ende findet. Die Stufen 1 bis 4 sind eher körperlich und die restlichen Stufen geistig-spirituell ausgelegt.

Wie der in einer evangelischen Pastorenfamilie aufgewachsene Yoga-Lehrer Narendra Godehard Hübner betont, stammt das System des Yoga aus einer Zeit um ca. 1500 v. Chr. Die hinduistische Prägung aus späterer Zeit, etwa aus dem 6. Jhdt. v. Chr. Viele Yoga-Meister sehen in der östlichen Lehre eine Praxis, die zwar zur Vereinigung des Menschen mit einem höheren Sein führen will, aber nicht die Religion vorgebe, mittels welcher dies geschehen solle, so Hübner. Er hält es daher generell für möglich, dass auch Christen Yoga praktizieren können.

Offizielle Meinung der Kirche uneindeutig

Die offizielle Meinung der katholischen Kirche hingegen ist nicht eindeutig: Einerseits steht sie im Geist des II. Vatikanischen Konzils generell dem Erfahrungsschatz anderer Religionen aufgeschlossen gegenüber und respektiert sie und ihren Weg der Gottsuche. Andererseits warnt sie auch davor, bei Meditation und Gebet zu hohe Erwartungen zu haben: Eine Verschmelzung der christlichen und nicht-christlichen Gebetsformen sei nicht ohne Probleme möglich, wie es in dem 1989 von der Glaubenskongregation veröffentlichten Schreiben "Orationis formas" heißt, in dem es um Aspekte der christlichen Meditation geht. Es bestehe die Gefahr, dass religiöse Inhalte anderer Religionen mit denen des Christentums vermischt oder auf eine Stufe gestellt würden.

Dennoch gibt es aufgrund der großen Popularität und der sportlichen sowie spirituellen Vorteile auch Bemühungen von kirchlichen Mitarbeitern und christlichen Gläubigen, Yoga und Christentum zu verbinden. Bobby Karle SJ aus den USA trifft sich regelmäßig mit zahlreichen jungen Menschen in einer Kapelle, um dort mit Yogahaltungen eine persönliche Beziehung zu Gott einzuüben. Dies macht der junge Jesuit nicht, um seine Kirche wieder füllen zu können. Er nutzt in bester jesuitischer Tradition Yoga als Methode, die ihm bei der Erlangung seines Ziels hilft: "Die Kombination von ignatianischem Gebet und Yoga beruhigte ihren Körper und ihren Geist, was ihnen erlaubte, sich mit den inneren Regungen ihrer Seele zu verbinden", so Karle über einen Yoga-Einkehrtag mit jungen Menschen. Er wende die indische Bewegungslehre nicht aufgrund ihrer Bekanntheit an, sondern da sie helfe, die Seele zu beruhigen.

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Ähnlich sieht es der katholische Priester Markus Thomm aus Vallendar bei Koblenz. Der Schönstatt-Pater ist Exerzitienmeister und ausgebildeter Yoga-Lehrer. Seiner Meinung nach kann christliche Spiritualität von dem Schatz der beliebten Übungen profitieren, indem sie diese in das eigene Glaubensgebäude einbindet. "Diesen Reichtum betrachte ich mit Staunen und Hochachtung, wobei ich die Deutung der Wirkungen des Yoga aus meiner christlichen Überzeugung vornehme", so Pater Thomm. Doch dabei gibt es für ihn auch Grenzen. Diese liegen dort, wo Hinduismus und Christentum sich unterscheiden, wie beim Gottesbild. Das Christentum kennt einen personalen Gott als Gegenüber des Menschen. Der Hinduismus verehrt zahlreiche Götter. Zudem wird im Weltbild des Hinduismus alles Sein als Einheit angesehen. Daher ist auch das Ziel des Yoga verständlich, mit dem Göttlichen durch die Übungen eins werden zu wollen.

Pater Thomm versteht christliches Yoga als eine Art des Betens mit dem Körper und nicht als Wellness-Gymnastik. Yoga soll zur Begegnung mit Jesus im Gebet dienen und dafür öffnen. Hinduistische Mantras könnten hierbei durch Bibelverse, Taizé-Gesänge oder einfache Elemente des orthodoxen Jesus-Gebets ersetzt werden. Der Schönstatt-Pater empfiehlt, Yoga im christlichen Sinn auszuprobieren und zu überprüfen, ob es der eigenen Beziehung zu Gott und dem Gebet dient. Er verweist dabei auf das Motto des Apostels Paulus: "Prüft alles und behaltet das Gute!" (1Thess 5,21)

Von Roland Müller

Yoga-Seminare

Angebote für eine christliche Ausübung des Yoga gibt es in zahlreichen kirchlichen Bildungs- und Exerzitienhäusern, etwa im Benediktinerkloster Nütschau in Travenbrück in Schleswig-Holstein, im St. Bonifatiuskloster in Hünfeld in der Nähe von Fulda und im Bildungshaus Kloster St. Ulrich in Bollschweil bei Freiburg. Hier werden spirituelle Yoga-Seminare angeboten.