Auch kirchliche Institutionen teilen die Kritik der Jury an dem Begriff

"Sozialtourismus" ist Unwort des Jahres

Veröffentlicht am 14.01.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Deutsche Sprache

Darmstadt/Bonn ‐ Sozialtourismus" ist das Unwort des Jahres 2013. Das gab die Jury der sprachkritischen Aktion am Dienstag in Darmstadt bekannt. Aus 1.340 Einsendungen und 746 verschiedenen Vorschlägen wurde das Unwort ausgewählt. Mit dem Ausdruck "Sozialtourismus" hätten einige Politiker "gezielt Stimmung gegen unerwünschte Zuwanderer aus Osteuropa gemacht", so die Begründung der Jury.

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Das Sieger-Wort "Sozialtourismus" treibe die Unterstellung einer böswilligen Absicht von Einwanderern aber auf die Spitze, hieß es im Jury-Urteil weiter: "Der Begriff diskriminiert Menschen, die aus purer Not in Deutschland eine bessere Zukunft suchen, und verschleiert ihr prinzipielles Recht hierzu."

Eine ähnliche Kritik an "Sozialtourismus" wurde auch von Kirchenvertretern in den vergangenen Tagen wiederholt geäußert. So hatte Caritas-Präsident Peter Neher auf der der CSU-Klausurtagung in Wildbad Kreuth Kritik an dem Slogan der Partei "Wer betrügt, der fliegt" geäußert. Er halte es für gefährlich, damit den Blick auf einen möglichen Missbrauch von Sozialleistungen zu lenken. Die Mehrheit der hier lebenden Menschen aus Rumänien und Bulgarien arbeite und komme "in der Regel genau wegen der Arbeitsmöglichkeiten in unser Land und nicht, um sich Sozialleistungen zu erschleichen".

Renovabis-Geschäftsführer warnt vor "Horrorszenarien"

Zugleich hatte der Geschäftsführer des katholischen Osteuropa-Hilfswerks Renovabis, Burkhard Haneke, gegenüber katholisch.de davor gewarnt, " Horrorszenarien an die Wand zu malen." Eines sollten die Deutschen nach Hanekes Aussage angesichts der "viel beschworenen Sorge um eine Einwanderung in unsere Sozialsysteme" nicht tun: das hohe Gut der offenen Grenzen in Europa in Frage zu stellen.

2012 war die Bezeichnung "Opfer-Abo" von TV-Wettermoderator Jörg Kachelmann Unwort des Jahres. Damit behauptete er, dass Frauen in Deutschland Männer leicht fälschlicherweise einer Vergewaltigung beschuldigen könnten. 2011 war "Döner-Morde" als "sachlich unangemessene und stereotype Etikettierung einer recht-terroristischen Mordserie" zum Unwort des Jahres ernannt worden. Die Jury kürt das Unwort des Jahres seit 1991.

Unabhängig davon hatte die Gesellschaft für deutsche Sprache den Begriff "GroKo" im Dezember 2013 zum "Wort des Jahres" erkoren. Auf den zweiten Platz setzte sie "Protz-Bischof". Unter diesem Namen war Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst weit über die Grenzen seines Bistums Limburg hinaus bekannt geworden. "Armutseinwanderung" wurde auf Platz drei gewählt, damit hatte die CSU gering qualifizierte Migranten bezeichnet, die Sozialleistungen in Anspruch nehmen wollten, aber kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten. (meu/KNA)