Ein Jahr nach dem Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch sind kleine Fortschritte zu erkennen

Es tut sich was

Veröffentlicht am 25.04.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Dutzende Frauen in einer Fabrik in Goa (Indien) sitzen an Nähmaschinen und nähen unter Aufsicht.
Bild: © KNA
Wirtschaft

Bonn ‐ Ein Jahr ist es her, als der Boden bebte, die Wände wackelten und das ganze Gebäude schließlich in sich zusammenstürzte. Mehr als 1.130 Menschen starben, als die Textilfabrik in Rana Plaza zusammenkrachte, 2.000 Menschen wurden verletzt. Die Weltöffentlichkeit blickte auf das kleine Land, das in der Textilwirtschaft seinen mit Abstand stärksten Wirtschaftszweig hat. Bangladesch war in aller Munde.

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Damals zeigte sich, wer den Preis für die billige Kleidung in den westlichen Industrieländern zahlen muss: Die Textilarbeiter, die nach deutschen Maßstäben zu unseriösen Bedingungen in den Textilfabriken arbeiten müssen. Dabei erhaschte die Welt einen kurzen Blick auf das Geflecht von Subunternehmen und Tochterfirmen. Es zeigte sich, wie die Globalisierung funktionierte - und immer noch funktioniert. Hilfsorganisationen forderten damals, dass die Textil-Discounter von Primark bis Kik mehr Verantwortung für die Produktionsbedingungen am anderen Ende der Welt übernehmen sollten. Und sie sollten die Näherinnen und Näher aus Bangladesch und deren Angehörige entschädigen.

Langsam dreht sich das Rad

Ein Teil der damals vereinbarten Summe ist nun, ein Jahr später, bereits ausgezahlt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund spricht von 11 Millionen Dollar; die Firmen hatten damals 40 Millionen Dollar zugesagt. "Aber das lindert auch nur die Not der unmittelbar Betroffenen", sagt Peter Seidel, Südostasien-Referent von Caritas International, "viel wichtiger ist jedoch, dass sich die Struktur ändert." Er erzählt von Gewerkschaften, die sich im vergangenen Jahr gegründet haben. Premierministerin Hasina Wajed hat die Rechtsgrundlage dafür bereitet, nachdem der Druck auf sie immer größer wurde. Auch ein neuer Mindestlohn wurde eingeführt.

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Die Textilunternehmen in Bangladesch haben ihre größten Konkurrenten in China, Myanmar und Kambodscha. Der Druck ist groß, möglichst billig zu produzieren. Darum wehren sich die Textilunternehmer gegen ihrer Meinung nach zu hohe Standards, zu schnell können die Textildiscounter ihre Aufträge in andere Teile der Welt vergeben. Auch darum sei die Regierung noch sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, strengere Regeln durchzusetzen, sagt Seidel.

Der Referent von Caritas international meint, da gebe es noch Verhandlungsspielraum für die Gewerkschaften. Von der so oft beschworeren "Verbraucherdemokratie" erwarte er nicht so viel: "Solange es einen so großen Markt für billige Kleidung in Westeuropa gibt, können die Verbraucher wenig aussrichten." Sobald die Medien das Thema nicht mehr aufgreifen, verpuffe auch die Kritik an den Modelabels und deren Produktionskette.

Erfolg in der Nische

Kirsten Clodius von der Christlichen Initiative Romero (CIR) lässt sich von diesem Befund nicht abschrecken. Sie organisiert für den CIR die "Kampagne für saubere Kleidung" - auch wenn es sich bei fair gehandelter Kleidung um ein reines Nischenprodukt handelt. Sie ist überzeugt, dass der Einsturz der Fabrik und die damit einhergehenden Medienberichte einige Menschen wachgerüttelt haben: "Der Erfolg ist nicht objektiv messbar, aber anhand der vielen Anfragen, die wir seitdem bekommen haben, ist ein deutlicher Effekt spürbar."

Clodius hat den Eindruck, dass sich zu viele Firmen auf dem System der ins Unendliche delegierten Verantwortung ausruhen: "Es heißt dann immer, es sei nicht deren Aufgabe, die Arbeit ihrer Subunternehmer zu überprüfen; aber wenn jeder die Verantwortung weitergibt, fühlt sich am Ende niemand mehr zuständig." Darum fordert sie mehr staatlich verordnete Transparenz für die Textil-Discounter. "Wenn sie einmal im Jahr über ihre Lieferkette und deren Einfluss auf die Umwelt berichten müssen, wäre schon viel gewonnen."

Von Michael Richmann

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