Marienwallfahrtsort Aparecida baut Monumentalstatue

Größer als Christus

Veröffentlicht am 02.10.2017 um 14:00 Uhr – Lesedauer: 
Brasilien

Aparecida ‐ Der "Christo Redentor" von Rio de Janeiro ist eine Ikone der Nation. Doch im Wallfahrtsort Aparecida entsteht derzeit eine Figur, die ihn noch in den Schatten stellen soll. Und sie zeigt nicht den Gottessohn.

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Brasilien ist ein Land der Superlative: Es ist die größte Nation Südamerikas und nimmt fast 50 Prozent der Fläche des Kontinents ein. Brasilien ist so groß, dass Deutschland nahezu 24 Mal hineinpassen würde. Nun wird der fünftgrößte Staat der Welt um einen Rekord reicher, denn im Wallfahrtsort Aparecida entsteht zurzeit die größte Marienstatue der Erde. Zum diesjährigen 300. Jubiläum der Verehrung der nur 36 Zentimeter großen Madonnenfigur von Aparecida wird in Brasilien eine 50 Meter hohe Statue gebaut. Damit ist die Muttergottesskulptur, dessen Fertigstellung für den Dezember geplant ist, zwölf Meter höher als die berühmte Christusstatue, die über Rio de Janeiro ihre segnenden Hände ausbreitet.

Die Marienstatue ist eine Spende des brasilianischen Künstlers Gilmar Pinna, der sie auch selbst entworfen hat. Wie viel er für die Gestaltung der Skulptur ausgegeben hat, möchte er nicht verraten. Doch er gab gegenüber der Zeitung "O Estado de S. Paulo" zu, dass er sich "privilegiert fühle, diese Arbeit ausführen zu dürfen". Pinna hat viel Erfahrung mit religiösen Großskulpturen. So schuf er 2008 einen gekreuzigten Christus und vor drei Jahren ein Reiterstandbild des heiligen Georg. Mit der Arbeit an der Muttergottes für Aparecida hat der Künstler im Januar begonnen. Pinna verehrt die Jungfrau von Aparecida sehr und wollte etwas schaffen, „das so groß ist, wie sie es verdient“. Die neue größte Marienskulptur der Welt besteht aus 20 Stahlstücken, die vor Ort zusammengesetzt werden. In der vergangenen Woche begann der Transport der Einzelteile, die insgesamt 400 Tonnen wiegen. Eine Firma übernimmt die Kosten der Überführung vom Atelier des Künstlers in Guarulhos bei São Paulo nach Aparecida.

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"Mit der Hilfe von einigen Freunden" schuf Pinna in seiner Werkstatt die riesige Statue aus Edelstahl. Zehn bildende Künstler unterstützen ihn bei seiner Arbeit. Doch er betreibt sein Handwerk nicht nur aus religiösen Gefühlen. Das Kunstwerk widmet Pinna der brasilianischen Kultur und es soll zudem "ein Anreiz für junge Bildhauer sein, die gerade mit der Kunst begonnen haben". Im Innern der Statue wird es einen Panoramaaufzug geben, der den Blick auf das Marienheiligtum von Aparecida gewährt.

Statue soll zum Gedenktag von Aparecida stehen

Zunächst war geplant, die neue Marienskulptur auf dem Gebiet des Heiligtums zu errichten. Doch um der Stadt ein weiteres Ziel für den religiösen Tourismus zu geben, entschied sich die Verwaltung dagegen. Sie stellte Land zur Verfügung, das etwa drei Kilometer vom heutigen Heiligtum entfernt liegt. Die grobe Fertigstellung der Statue soll bis zum Gedenktag der Jungfrau von Aparecida am 12. Oktober geschehen und die komplette Errichtung bis Ende des Jahres beendet sein. Die Marienskulptur, die sich im Aussehen an der kleinen Madonnenstatue orientiert, wird von einem 130 Hektar großen Themenpark umgeben sein. Gärten, Restaurants, eine Kapelle und Parkplätze für 2.000 Besucher zeigen, mit welcher Größenordnung von Besuchern die Verantwortlichen rechnen.

Zur Finanzierung des religiösen Komplexes soll ein externer Betreiber dazukommen. Dieser muss die Infrastruktur bauen, kann dafür aber die Lokale vermieten und von Besuchern Eintritt zum Park mit dem Namen "300 Jahre Segen" verlangen. Einwohner Aparecidas sollen jedoch kostenfrei zur Muttergottes pilgern können. Es wird erwartet, dass innerhalb von zwei Jahren der Bau des Themenparks abgeschlossen ist.

Bild: ©filsarmento / Fotolia.com

Die Basilika im brasilianischen Marienwallfahrtsort Aparecida.

Die 35.000 Einwohner große Stadt Aparecida, etwa auf halber Strecke zwischen São Paulo und Rio de Janeiro gelegen, hätte damit eine religiöse Attraktion mehr. Bereits jetzt pilgern jährlich acht Millionen Menschen zum Marienheiligtum von Aparecida. Die als wundertätig verehrte Statue wurde dort vor 300 Jahren im Wasser gefunden: Am 12. Oktober 1717 bargen drei Fischer aus dem Fluss Paraíba eine kleine tönerne Muttergottes. Danach soll ihnen Maria erschienen sein. Deshalb lautet der Name der als wundertätig verehrten Statue Aparecida, die Erschienene. Die aktuelle Basilika wurde 1980 von Papst Johannes Paul II. eingeweiht und ist nach dem Petersdom in Rom die zweitgrößte katholische Kirche der Welt. Mit der neuen Marienskulptur wird Aparecida dann an erster Stelle des Marienrankings sein.

Momentan steht die größte Marienstatue der Welt noch in Oruro in Bolivien. Die dortige Jungfrau von Socavón besitzt eine Höhe von 45 Metern. Auf den Philippinen ist jedoch eine noch größere Skulptur der Gottesmutter geplant. In Batangas City soll eine 96 Meter hohe Statue entstehen. Bis zur Fertigstellung in einigen Jahren kann Aparecida sich demnächst damit rühmen, die höchste Marienstatue der Welt zu besitzen. Und auch wahrscheinlich die einzige Maria mit einem Umriss Brasiliens. Denn die Statue der Patronin Brasiliens wird mit einer Abbildung der Grenzen des lateinamerikanischen Landes umgeben sein. Ein weiterer Superlativ für Brasilien.

Von Roland Müller

Stichwort: Aparecida

Aparecida ist der bedeutendste Marienwallfahrtsort Brasiliens. Bis zu elf Millionen Menschen pilgern jedes Jahr in die 150 Kilometer nordöstlich von Sao Paulo gelegene Kleinstadt. In ihrem Zentrum steht eine mehr als 40.000 Menschen fassende Wallfahrtskirche, in der die Gläubigen an einer kleinen Statue der Gottesmutter beten. Das portugiesische Wort "Aparecida" bedeutet "Die Erschienene". Fischer sollen diese schwarze Madonna im Jahr 1717 in zwei Teilen aus einem Fluss gezogen haben. Anschließend erzielten sie der Überlieferung nach einen reichen Fang. Diesem ersten Marienwunder folgten weitere Berichte; es begann eine Verehrung der rund 40 Zentimeter hohen Figur. Zunächst wurde eine Kapelle, später eine große Kirche errichtet. Seit 1955 ist eine neue Basilika in Bau, die Papst Johannes Paul II. 1980 besuchte und weihte. Vier Jahre später erklärte die Brasilianische Bischofskonferenz die Kirche zum Nationalheiligtum. Sie ist bis heute nicht komplett fertiggestellt. 2007 tagte in Aparecida die Vollversammlung des Lateinamerikanischen Bischofsrates CELAM. Im Abschlussdokument, das vom heutigen Papst Franziskus mitverfasst wurde, beschlossen die Bischöfe eine kontinentale Mission, die unter anderem kleine Gemeinschaften fördern und der Herausforderung durch evangelikale Sekten begegnen will. (luk/KNA)