Joachim Valentin über die US-Entscheidung zu Jerusalem

Trump gießt Öl ins Feuer

Veröffentlicht am 08.12.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Joachim Valentin über die US-Entscheidung zu Jerusalem

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Leider geschehen aktuell gehäuft Dinge, die bisher unvorstellbar schienen und also auch keines Kommentars bedurft hätten. Dies gilt aktuell für die Entscheidung Donald Trumps, die US-Amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen und die Stadt so – unter Missachtung des palästinensischen Anspruchs auf Ost-Jerusalem – als israelische Hauptstadt anzuerkennen.

Selbst der für seine Loyalität mit Israel bekannte deutsche Zentralrat der Juden hält zumindest den Zeitpunkt für ungünstig. Papst Franziskus wurde deutlicher: Schon im Vorfeld warnte er nachdrücklich vor diesem Schritt. Alle Parteien müssten den "Status Quo" der Stadt respektieren, "wie es die entsprechenden Resolutionen der UN vorsehen". Er verlangte "Klugheit und Besonnenheit", um neue Spannungen zu vermeiden. "Ich kann meine tiefe Sorge über die Situation, die sich in den letzten Tagen entwickelt hat, nicht verschweigen", so Franziskus. Dem kann ich mich nur anschließen.

Denn die als Reaktion angekündigte dritte Intifada der Hamas könnte das Heilige Land auf Monate in schwere Unruhen stürzen, so die gesamte Region weiter destabilisieren und Juden und Jüdinnen weltweit in Gefahr bringen. Aber auch Länder wie Deutschland, wo Juden und Muslime mehr oder weniger konfliktarm nebeneinander leben, werden die Folgen dieser verantwortungslosen Fehlentscheidung spüren, denn die nachvollziehbaren Loyalitäten mit der je eigenen "community" dürften den interreligiösen Dialog belasten.

Wer anfangs meinte, man solle Donald Trump doch erst einmal arbeiten lassen und dann erst kritisieren, wird fast täglich eines Besseren belehrt. In Zeiten, in denen souveränes Krisenmanagement fällig wäre, gießt er zusätzlich Öl ins Feuer lehnt aber die Verantwortung für Folgen seines Handelns ab.

Lehren sind daraus keine zu ziehen, es sei denn via negativa: Das Beharren auf eigenen Positionen, der Verlust des Blicks auf das Ganze und die Perspektive des Anderen, in diesem Fall der Palästinenser, hat unter Bedingungen der Globalisierung fatale Folgen. Sie schädigen letztlich alle, auch die scheinbar starken, kompromisslosen und profilierten Führer, nach denen auch mancher in unserer Kirche ruft.

Von Joachim Valentin

Der Autor

Joachim Valentin ist Direktor des katholischen Kultur- und Begegnungszentrums "Haus am Dom" in Frankfurt am Main und Vorsitzender des Frankfurter Rates der Religionen.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.