Über den optimalen Zeitpunkt, die Auferstehung Jesu zu feiern

Pro und Contra: Osternacht am frühen Morgen?

Veröffentlicht am 24.03.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Liturgie

Bonn ‐ Sollte die Osternacht am späten Samstagabend beginnen oder erst am frühen Ostersonntag? Für Roland Müller bedeutet die Ostermesse frühmorgens eine "heilsame Herausforderung". Sein Kollege Kilian Martin will dagegen ins Ostergeheimnis "reinfeiern".

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Pro: Eine heilsame Herausforderung!

Die Feier der Osternacht ist der Höhepunkt des Kirchenjahres und auch persönlich bedeutet sie mir sehr viel. Ich liebe die Lichtsymbolik dieser besonderen Nacht: das lodernde Osterfeuer, an dem die Osterkerze entzündet wird; den Schein der kleinen Flamme der großen Kerze in der komplett dunklen Kirche; die Weitergabe des Lichts durch die Messdiener an alle Gläubigen. Auch beim Exsultet, dem feierlichen Osterlob, ergreift mich jedes Jahr aus Neue ein wohliger Schauer. Dann weiß ich nicht nur, sondern spüre: Jetzt ist Ostern!

Diese Erlebnisse haben mich in den vielen Jahren des Mitfeierns der Osternacht tief geprägt. Mit ihnen verbunden ist auch die Erfahrung des frühen Aufstehens. Denn in meiner Heimatgemeinde in Norddeutschland wurde die Osternacht über viele Jahre hinweg am frühen Morgen des Ostersonntags gefeiert. Obwohl ich ein Langschläfer bin, liebe ich es, an Ostern in aller Herrgottsfrühe aufzustehen. So erfahre ich am eigenen Leib, dass Ostern ein ganz besonderes Fest ist.

Dieses Erlebnis teile ich mit vielen anderen Glaubensgeschwistern. Sie haben sich alle von diesem besonderen Gottesdienst mit seiner außergewöhnlichen Uhrzeit ansprechen lassen und die Kirche immer gut gefüllt. Die frühe Uhrzeit verstehe ich zudem als ein Ausbrechen aus dem Alltag, dem sich die Kirche sonst sehr oft beugt. So wie bei der Feier der Osternacht am Abend des Karsamstags. Diese Zeit fügt sich in den Ablauf des normalen Alltags ein und ist sicherlich angenehmer für Familien mit Kindern und alte Menschen. Zudem kann man danach noch eine Zeit lang im Pfarrheim zusammenbleiben und, wie an vielen anderen Samstagen im Jahr auch, um Mitternacht ins Bett gehen. Doch der frühe Termin ist eine Provokation, eine heilsame Herausforderung, die den Rhythmus des normalen Lebens unterbricht.

Hinzu kommt, dass die Feier der Osternacht am frühen Morgen sehr nah an die Praxis der antiken Christen heranreicht. Sie feierten ganze Nacht als Gebetsvigil, die am Morgen des Ostersonntags mit dem Sonnenaufgang endete. Auch bei der Feier der Osternacht am Sonntagmorgen kann man diese Erfahrung machen: in der Dunkelheit mit dem Gebet zu beginnen und mit dem Aufgehen der Sonne zu enden. Ich bin sehr dankbar, dass ich dieses Erlebnis in den Osternächten meiner Kindheit und Jugend machen durfte. Doch das ist nun vorbei, denn meine Heimatgemeinde hat sich, wie viele andere Pfarreien auch, dem Druck praktischer Überlegungen gebeugt: Sie wurde mit anderen Pfarreien zusammengelegt und feiert die gemeinsame Osternacht seitdem am Abend des Karsamstags. Ich finde, das ist ein großer Verlust.

Von Roland Müller
Bild: ©KNA

Ein Priester gibt bei der Feier der Osterliturgie das Licht der Osterkerze weiter.

Contra: In das Ostergeheimnis reinfeiern

Die Osternacht ist für mich ohne Frage die schönste Nacht des Jahres. An keinem Tag sonst setzt sich die Liturgie so organisch in das weltliche Leben außerhalb des Gotteshauses fort. Und das gelingt für mich am besten, wenn der Gottesdienst tatsächlich in der Nacht gefeiert wird und nicht erst am frühen Morgen.

Die wunderbare Tradition in vielen Gemeinden, die Osternacht mit einer profanen Feier zu beschließen, setzt ein wichtiges Zeichen: Man teilt nicht nur die Freude am Glauben, sondern auch ganz weltliche Genüsse. Nach der feierlichen Liturgie folgt das Fastenbrechen. Und so gehört für mich das Glas Champagner genauso untrennbar zur Osternacht wie das Exsultet. Kaffee und Brötchen zu einem Osterfrühstück sind gewiss auch sehr schön, aber dann doch weniger festlich.

Da die Kirche keine Vorgabe macht, ob der Gottesdienst zu Anbruch oder Ende der Nacht zu feiern ist, geht es in erster Linie um Tradition. Und unsere sonstigen Feiertraditionen sprechen dabei eindeutig für den spätabendlichen Beginn. Denn bei sonstigen Anlässen setzen wir ja auch auf das "Reinfeiern": bei Geburtstagen, an Silvester oder auch an Weihnachten. Anders als etwa im angelsächsischen Kulturkreis begehen Katholiken in Deutschland die Heilige Nacht intensiver als den Weihnachtsmorgen.

In der Bibel wird die Auffindung des leeren Grabs für die frühen Morgenstunden des Sonntags berichtet. Diese Erzählung greifen die morgendlichen Auferstehungsfeiern auf. Die am späten Abend beginnenden Osternachtfeiern hingegen erinnern stärker an die vorangehende Trauer und Ungewissheit. Sie lassen den Übergang von der Dunkelheit zum Licht über Stunden hinweg erfahrbar machen. Man schlägt nicht die Augen auf und es ist Ostersonntag, sondern man erlebt das Werden dieses neuen Tages, der alles verändert, ganz wach mit. Die Osternacht ist liturgisch eine Vigil, eine Nachtwache. Diesen Sinn entfaltet sie am besten, wenn sie tatsächlich den Zeitraum der Nacht erfüllt.

Diese Verbindung aus einer langen, liturgisch geprägten Nacht, die in einer ausgelassenen Feier endet, macht für mich das Geheimnis der Osternacht aus. Wir versammeln uns in der Dunkelheit zum Gebet, erblicken beim ersten Licht das leere Grab und liegen uns in den Armen: Halleluja! Und das gerne bis zum Sonntagmorgen.

Von Kilian Martin