Veranstalter sieht fließenden Übergang zum Rechtsextremismus

Evangelischer Kirchentag lädt AfD aus

Veröffentlicht am 26.09.2018 um 11:55 Uhr – Lesedauer: 

Hamburg ‐ Kehrtwende im Umgang mit der AfD: Noch im vergangenen Jahr nahm eine Vertreterin der Partei am Evangelischen Kirchentag teil. 2019 soll sich das ändern. Und der Präsident des Kirchentags sagt auch, warum.

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Das Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags (DEKT) hat entschieden, Politiker der AfD von der Teilnahme an Podien und Diskussionsveranstaltungen auf dem Evangelischen Kirchentag im kommenden Jahr in Dortmund auszuschließen. "Mit Blick auf die Gründungsidee des Kirchentages ist in der Frage der AfD Deutlichkeit geboten. Es gibt mittlerweile in der AfD einen fließenden Übergang zum Rechtsextremismus und Verbindungen zu verfassungsfeindlichen Netzwerken", heißt es in einer am Mittwoch im Internet veröffentlichten Erklärung des höchsten Kirchentagsgremiums.

Gleichzeitig betonte das Präsidium, dass es auf dem Kirchentag den Dialog mit all denjenigen führen wolle, "die sich in den gegenwärtigen gesellschaftlichen und politischen Themen und Debatten nicht wiederzufinden meinen und deshalb AfD wählen oder mit der Partei sympathisieren". Der Kirchentag findet vom 19. bis 23. Juni 2019 statt und steht unter dem Leitwort "Was für ein Vertrauen".

Leyendecker: Ich möchte nicht Herrn Gauland zuhören

Vor der Erklärung des Präsidiums hatte sich bereits Kirchentagspräsident Hans Leyendecker in einem Interview der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" zum Umgang mit der AfD geäußert. "Dem Kirchentag geht es ums Zuhören, aber ich möchte nicht Herrn Gauland zuhören", so der 69-Jährige, der selbst SPD-Mitglied ist und als Journalist für die "Süddeutsche Zeitung" und den "Spiegel" gearbeitet hat.

Die AfD entwickle sich rasend weiter nach rechts und die Radikalisierung der Partei schreite voran. Zugleich warnte Leyendecker davor, "auf das Opfer-Märchen der AfD hereinzufallen"; im Umgang mit der Partei müsse man vielmehr "Kante zeigen". Dass die AfD in vielen Parlamenten sitze, ändere nichts daran, dass sie auf dem Weg zu einem Frontalangriff auf die Demokratie sei. "Manche Plädoyers für den Dialog mit der AfD sind aus meiner Sicht eher dem Wunsch geschuldet, sich aus taktischen Gründen einer politischen Stellungnahme zu entziehen", so der Kirchentagspräsident.

Katholikentag in Münster hatte AfD-Politiker eingeladen

Mit seiner Entscheidung für einen Ausschluss der AfD hat das Präsidium des Kirchentags eine Kehrtwende vollzogen. Immerhin hatte beim Kirchentag im vergangenen Jahr in Berlin mit der damaligen AfD-Politikerin Anette Schultner erstmals eine Vertreterin der Partei an einer Podiumsdiskussion teilgenommen. Auch die Organisatoren des Katholikentags in Münster hatten in diesem Frühjahr zum ersten Mal einen Vertreter der Partei zu einer Diskussionsrunde eingeladen. Die Einladung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) an den kirchenpolitischen Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Volker Münz, war vor und während des Katholikentags auf heftige Kritik gestoßen und hatte eine Diskussion über den richtigen Umgang der Kirche mit der Partei ausgelöst.

Münz kritisierte am Mittwoch mit scharfen Worten den Beschluss des DEKT-Präsidiums. Die Ausgrenzung von AfD-Repräsentanten vom Kirchentag sei in persönlicher Hinsicht eine Enttäuschung und in politischer Hinsicht ein Armutszeugnis. "Wenn kirchliche Funktionäre nicht mehr in der Lage oder nicht mehr willens sind, ihren überparteilichen Auftrag wahrzunehmen und für einen gleichberechtigten Dialog zu sorgen, spalten sie die Gesellschaft und machen sich selbst und ihre Botschaft unglaubwürdig", so Münz in einer Stellungnahme. (stz)

26.09.2018, 15:45 Uhr: ergänzt um die Stellungnahme des AfD-Politikers Volker Münz