Voderholzer nach Missbrauch: Kirche muss sich nicht "neu erfinden"

Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hat in der Debatte um Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal vor falschen Schlüssen gewarnt. In einem Gottesdienst zum sechsten Jahrestag seiner Bischofsweihe wies Voderholzer am Sonntag im Regensburger Dom den Rat zurück, die Kirche müsse sich "neu erfinden". Das könne sie gar nicht, weil sie keine Erfindung der Menschen, sondern das "Projekt Gottes" sei. Stattdessen müssten die Glieder der Kirche sich aber immer wieder neu bekehren.
Von einer "Neu-Erfindung" der Kirche hatte in der vergangenen Woche der Limburger Bischof Georg Bätzing gesprochen und zu einer raschen Erneuerung aufgerufen. "Ein einfaches 'Weiter so' als Kirche kann es nicht geben", sagte Bätzing am Donnerstag in Frankfurt. "In gewisser Weise müssen wir uns neu erfinden", betonte er. "Wenn wir es einfach so lassen wie bisher, wird sich die Kirche in vielen Punkten in kurzer Zeit erübrigt haben."
Voderholzer sagte weiter, dass es vom ersten Tag ihrer Existenz Versagen und Sünde in der Kirche gebe, auch "ein Missverhältnis zwischen hoher Berufung und persönlicher Erbärmlichkeit", fügte der Bischof hinzu. Es sei auch unstrittig, dass die Kirche auf manchen Feldern neue Wege gehen müsse. Die Rede von einem "Neustart" oder auch von einer "Zeitenwende" sei jedoch oberflächlich und gefährlich. Sie drohe nicht nur die Kontinuität der Kirche mit ihrem apostolischen Ursprung zu verdunkeln. Weil sie nur menschlich-organisatorisch gedacht sei, könne sie zu Frustration und Enttäuschung führen bis hin zu Unfrieden und Spaltung.
"Gelungene Aufarbeitung bei Domspatzen"
Nachdrücklich kritisierte Voderholzer den im Zusammenhang mit Missbrauch erhobenen Generalverdacht gegen Priester. Ein solcher widerspreche nicht nur dem gesunden Menschenverstand, sondern auch allen gültigen Rechtsgrundsätzen, "wonach für jeden Menschen bis zum Erweis der Schuld die Unschuldsvermutung gilt". Wer aber einen Generalverdacht erhebe, wolle den Missbrauch letztlich ohne Rücksicht auf Betroffene und Verdächtige instrumentalisieren, "um endlich das lange gehegte Vorhaben der Konstruktion einer anderen Kirche zu verfolgen".
Priester und andere hätten in den vergangenen Jahrzehnten schwere Schuld auf sich geladen, sagte der Bischof. "Dem müssen wir uns stellen. Aber die überwältigende Mehrheit der Priester hat ihre Arbeit gut gemacht und macht die Arbeit gut." Positive Entwicklungen wie die neu gewonnene Opfersensibilität und auch die gelungene Aufarbeitung etwa bei den Regensburger Domspatzen sowie "die offenkundig wirksame, freilich immer noch zu verbessernde Prävention" sollten nicht schlecht geredet werden. Notwendig seien nicht neue Strukturen und eine von Menschen neu erfundene Kirche, sondern Heiligkeit und authentische Zeugenschaft. (tmg/KNA)