Zweidrittelmehrheit

Zur Wahl, aus der Benedikt XVI. als Papst hervorging, stellten sie 20 Wahlmänner; nun sind es 28. Das ist zwar keine Sperrminorität, aber doch die größte nationale Gruppe. Ihr Gewicht hat Benedikt XVI. mit seinem letzten Konsistorium vom 24. November etwas abzufedern versucht. Damals rückten vor allem Nicht-Europäer in den Kirchensenat auf - und kein einziger Italiener.
Falls nicht auch diesmal Eminenzen aus schwerwiegenden Gründen an der Papstwahl verhindert sind, beträgt das Quorum 78 Stimmen: Der neue Papst muss in jedem Fall eine Zweidrittelmehrheit auf sich vereinigen. Benedikt XVI., der das Papstwahldekret "Universi dominici gregis" seines Vorgänger aus dem Jahr 1996 weitgehend übernommen hat, korrigierte in dem Text den strittigen Paragrafen 75. Um ein allzu langes Konklave zu verhindern, wollte Johannes Paul II. den Kardinälen nämlich nach 33 oder 34 erfolglosen Wahlgängen die Möglichkeit geben, von der Zweidrittelmehrheit zur absoluten Mehrheit überzugehen.
Kein klarer Favorit
Diese Regelung hätte Raum für taktische Manöver und mögliche Spiele mit Sperrminoritäten gelassen, erkannten Kirchenrechtler. Und so machte Benedikt XVI. per "Motu proprio" diese Möglichkeit 2007 wieder rückgängig. Er legte fest, dass auch bei einer Stichwahl zur Beendigung eines langen Konklaves die Zweidrittelmehrheit gilt. Schon Johannes Paul II. hatte 1996 zwei weitere rechtlich problematische Wahlverfahren - per Akklamation oder durch ein delegiertes Wahlkomitee - abgeschafft.
Das jetzige Konklave, das zwischen dem 15. und 20. Tag nach Eintritt der Sedisvakanz beginnen muss, dürfte nach Einschätzung italienischer Beobachter länger dauern als die Blitzwahl von 2005.
Derzeit zeichne sich kein klarer Favorit ab. Vor acht Jahren war Joseph Ratzinger bereits im vierten Wahlgang gewählt worden. Nur einmal in den vergangenen 100 Jahren ging ein Pontifex bereits aus dem dritten Wahlgang her: 1939, als Eugenio Pacelli als haushoher Favorit ins Konklave einzog. Er soll sogar bereits einen Wahlgang vorher die erforderliche Mehrheit erreicht haben, ließ die Kardinäle aber nochmals wählen, um einen Zufallsentscheid völlig auszuschließen.
Das zweitkürzeste Konklave war dann das vom August 1978, bei dem Albino Luciani (Johannes Paul I.) im vierten Wahlgang die nötige Mehrheit erhielt. Alle übrigen Wahlen des 20. Jahrhunderts dauerten drei bis fünf Tage. Johannes XXIII. wurde 1958 am vierten Tag nach elf Wahlgängen und Pius XI. 1922 nach fünf Tagen im 14. Durchgang gewählt.
Die Macht der Italiener
Unter ganz anderen Gesetzen standen die Konklave in früheren Jahrhunderten. Noch zur Wahl von Gregor XVI. brauchten die Kardinäle 1831 insgesamt 54 Tage. Auch bei seinem Vorgänger Pius VIII. dauerte es mehr als einen Monat. Das Konklave von Venedig, in dem ein Nachfolger für den von Napoleon verschleppten Pius VI. gesucht wurde, streckte sich (1799/1800) über dreieinhalb Monate hin.
Auf Benedikt XIV. konnten sich die Kardinäle 1740 sogar acht Monate lang nicht einigen. Überhaupt nicht enden wollte das berühmte Konklave von Viterbo (1268-1271). Trotz schmaler Kost und abgedecktem Dach gab es einen neuen Papst erst nach knapp drei Jahren.
Der zuletzt erhöhte Anteil der Italiener erklärt sich vor allem aus der hohen Zahl pensionierter Kurienkardinäle (7) unter 80 Jahren. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts stellten die Italiener freilich noch 60 Prozent: Bei der Wahl Pius X. (1903) waren von 63 Wählern 39 Italiener. 20 Jahre später, bei der Kür von Pius XI., machten sie noch rund die Hälfte aus; ähnlich 1939, als unter 63 Wählern 34 Italiener Pius XII. kürten. Dagegen war ihr Anteil bei der Wahl Johannes XXIII. und fünf Jahre später bei Paul VI. auf rund ein Drittel gesunken. Und bei den beiden Konklave des Jahres 1978 kam von 111 Wahlmännern jeder vierte aus Italien - so wie auch jetzt wieder.