Pastor Christian Olding über das Sonntagsevangelium

Trotz aller Zweifel dürfen wir mit Jesus rechnen

Veröffentlicht am 27.04.2019 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 
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Bonn ‐ Der ungläubige Thomas ist wohl der bekannteste Zweifler in der Bibel. Doch das Misstrauen des Apostels gegenüber der Auferstehung Jesu ist auch für den aufgeklärten Menschen von heute bedeutsam, schreibt Pastor Christian Olding.

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Impuls von Pastor Christian Olding

Thomas passt nur zu gut in unsere Tage. Der moderne, aufgeklärte Mensch verlässt sich auf das, was er verstehen, begreifen und am besten anfassen kann. Alles andere ist blühende Fantasie und gehört in die Welt der Bücher verbannt und wird niemals einen Wirklichkeitstest bestehen. Thomas war einst selbst von Jesus berufen worden, handverlesen und auserwählt. Er selbst hatte voller Inbrunst bezeugt: "Lasst uns mit ihm gehen, um mit ihm zu sterben!“ (Joh 11,16) Doch dann musste er seine Hoffnung begraben und zurück blieb nicht viel – abgesehen von Trauer, Verzweiflung und einer unaufgearbeiteten Geschichte.

Glauben ist also nichts Selbstverständliches. Er funktioniert nicht, lässt sich nicht befehlen, nicht machen. Er ist Anfragen, Angriffen, immer wieder aufkeimenden Zweifeln ausgesetzt. Und es ist besser, ehrlich zu zweifeln, als unehrlich zu glauben. Deswegen stimmt Thomas nicht in die Begeisterung der anderen ein, sondern stört die Feierstimmung mit seinem Bekenntnis: "Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht." (Joh 20,25) Die Erfahrung der anderen reicht eben nicht für den eigenen Glauben. Gerade deshalb ist diese biblische Episode so faszinierend und wichtig, weil sie Wege zeigt vom Zweifel zum Glauben, von der Unsicherheit zur Gewissheit.

Zunächst ist da eine feste Aussage der Bibel, die sich durchzieht: "Er will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen" (1. Tim 2,4), schreibt Paulus in einem seiner Briefe. Dass Christus denen begegnet, die ihn suchen und nach ihm fragen, ist eine feste Überzeugung und ein Versprechen. Jesus kommt auf Thomas zu und ermutigt ihn zur Berührung und Begegnung. Aber Jesus kommt nicht gleich. Eine Woche hat es gedauert, eine Woche voller Warten-müssen, Aushalten-müssen, Ringen-müssen. Warten können und sich in Geduld zu üben scheint ebenfalls fester Bestandteil dieses Weges zu sein (Röm 5,4; 8,25; 15,4) Jesus begegnet Thomas dann nicht im stillen Kämmerlein, sondern in der Gemeinschaft der Jünger, die gemeinsam ausharren und sich tragen.

Glaube und Zweifel werden wohl immer zusammengehören. Gerade deswegen aber ist die Geschichte von Thomas so bedeutsam, weil sie das Versprechen gibt, dass wir trotz aller Zweifel mit Jesus rechnen dürfen und sollen. Verliere nur nicht so schnell die Geduld und suche die Gemeinschaft von Menschen, die ihm begegnet sind und höre auf ihre Erfahrungen; dann kannst du damit rechnen, dass Jesus auch durch deine verschlossenen Türen kommt.

Von Christian Olding

Aus dem Evangelium nach Johannes (Joh 20,19-31)

Am Abend des ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, dass sie den Herrn sahen.

Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.

Thomas, genannt Didymus – Zwilling –, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.

Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt, und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!

Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Noch viele andere Zeichen, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind, hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan.  Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Messias ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.

Der Autor

Christian Olding ist Pastor in der Pfarrei St. Maria Magdalena in Geldern.

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