Schweizer Zeitung gibt Tipps für Kirchenaustritt – und erntet Kritik

In der Schweiz hat eine Zeitung Ratschläge zum Kirchenaustritt veröffentlicht. In dem am Donnerstag in der Gratiszeitung "20 Minuten" publizierten Artikel wird erklärt, wie der Austritt aus einer christlichen Kirche in dem Alpenland funktioniert. Der Text erschien in der Rubrik "Grow up" der kostenlosen Zeitung und richtet sich besonders an junge Menschen. Man wolle diese Zielgruppe zu Fragen des Erwachsenwerdens beraten und alle Fragen beantworten, die man "spätestens mit 30 wissen" müsse, heißt es in den Informationen des Blattes über die Rubrik.
Die katholische Kirche in der Schweiz verurteilte den Artikel. Seine Aussagen seien "verantwortungslos", sagte der Leiter der kirchlichen Kommunikation des Synodalrats im Kanton Zürich, Simon Spengler, dem Nachrichtenportal "kath.ch". Er wertete den Beitrag als Aufforderung zum Kirchenaustritt, was einer Entsolidarisierung in der Gesellschaft gleichkomme. Zudem bemängelte Spengler, der Artikel suggeriere, auch nach einem Austritt stünden kirchliche Feiern als Dienstleistungen weiterhin leicht zur Verfügung. "Dass man die Ehe in der Kirche vor Gott schließen möchte, ohne an Gott zu glauben und hinter der Kirche stehen zu können, ist absurd", so der Pressesprecher. Die Feier der Sakramente sei mehr als nur hübsche Dekoration.
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Zudem kritisierte Spengler weitere Aussagen des Beitrags. So sollte es etwa bei einem Kirchenaustritt nicht darum gehen, "ob man später mal kirchlich beerdigt werden kann". Er rief dazu auf, zu überlegen, "ob man das Engagement der Kirche vor Ort, so etwa für Flüchtlinge, Senioren, Jugendliche oder Kinderbetreuung, unterstützen will". Weiter kritisierte er pauschale Aussagen, nach denen die Hälfte der Schweizer bis zu 1000 Franken an Kirchensteuern zahle. "Junge Erwachsene, die eventuell noch studieren beziehungsweise am Anfang ihrer Laufbahn stehen, zahlen erheblich weniger Steuern oder gar keine", stellte er klar.
Die Zeitung verteidigte die Veröffentlichung des Artikels gegen die Kritik der Kirche. Man stehe den Kirchen nicht generell kritisch gegenüber, sondern sei religiös "strikt neutral", sagte der stellvertretender Chefredaktor von "20 Minuten", Gaudenz Looser. Die Redaktion habe jedoch die journalistische Aufgabe, "gesellschaftliche Trends zu erklären und die Leserinnen und Leser mit für sie relevanten Informationen zu versorgen". Der Artikel erschien in den regionalen Ausgaben der Zeitung in der gesamten deutschsprachigen Schweiz. Die Auflage betrug etwa 436.000 Stück. (rom)