Grundstein für Propsteikirche in Leipzig gelegt

Denk mal an Gott!

Veröffentlicht am 28.04.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bistum Dresden-Meißen

Leipzig ‐ Feucht und kalt ist es an diesem Samstagmorgen, als wäre der Winter noch einmal zurückgekehrt. Die Wege auf der Baustelle mitten in der Leipziger Innenstadt sind matschig. Und dennoch drängen sich hier fast 500 Menschen. Sie holen sich schmutzige Schuhe, beten, singen und hören zu, was Bischof Heiner Koch sagt. Der neue Dresdner Oberhirte predigt über das Gotteshaus, das hier in den nächsten anderthalb Jahren entstehen soll.

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"Gott lässt sich nicht in ein Gotteshaus einzwängen", sagt Koch. "Aber: Wir Menschen brauchen solch einen Kirchenbau", fährt er fort und erklärt, warum Kirchengebäude so wichtig sind wie der Sonntag oder die Stille der Adventszeit. Gleich wird der Bischof den Grundstein für den größten Kirchenneubau in Ostdeutschland seit der Wende legen.

Was hier in Leipzig passiert, hat Seltenheitswert – nicht nur im Osten Deutschlands. Die Stadt Leipzig wächst jährlich um 12.000 Menschen. Und mit der Stadt wächst auch die katholische Gemeinde St. Trinitatis mitten in der Innenstadt. 4.437 Menschen gehören dazu, 150 kommen Jahr für Jahr hinzu. Die Gemeinde baut jetzt eine neue Kirche. Die Vorgeschichte zu diesem Vorhaben reicht weit zurück in die deutsche Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts.

Obdach bei den Protestanten

Die erste Trinitatiskirche wurde 1847 westlich des neuen Rathauses auf einem Grundstück an der Rudolphstraße fertiggestellt. Bei Bombenangriffen im Dezember 1943 wurde sie zerstört. Die Ruine der Kirche wurde von der Gemeinde mühsam gesichert, durfte dann auf Beschluss der kommunistischen Regierung nicht wieder aufgebaut werden und 1954 gesprengt.

Inhalt für den Grundstein: Zeitungen vom Tag, Lieder, Gebete sowie Bilder von Papst Franziskus und Bischof Heiner Koch.
Bild: ©Markus Kremser

Inhalt für den Grundstein: Zeitungen vom Tag, Lieder, Gebete sowie Bilder von Papst Franziskus und Bischof Heiner Koch.

Jahrelang waren die Katholiken Leipzigs dann Gäste in der evangelischen Universitätskirche. Doch auch diese Kirche war den Kommunisten ein Dorn im Auge. Am 30. Mai 1968 wurde die vollständig intakte Universitätskirche auf Beschluss der Leipziger Stadtverordneten und des Senats der Karl-Marx-Universität trotz des Protestes vieler Leipziger gesprengt. Ende der 70er Jahre stimmten die Behörden dann einem Neubau der St.-Trinitatis-Kirche zu.

Der durfte aber nur am Rande der Stadt entstehen. Das Antlitz der sozialistischen Stadt sollte nicht durch eine Kirche gestört werden. An der Emil-Fuchs-Straße entstand schließlich ein Neubau, der 1982 geweiht wurde.

Doch bald schon stellten sich schwere Bauschäden ein. Die Ursache war der Baugrund. Reparaturen und verschiedene Sanierungen haben seither Hunderttausende DDR-Mark, D-Mark und Euros verschlungen. In den Griff bekam man den Bau nie. Ersatz musste her.

"Dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut"

Auf der Baustelle wird inzwischen die Kapsel für den Grundstein gefüllt. Ein Satz Euro-Münzen, drei Tageszeitungen, die in Leipzig erscheinende Kirchenzeitung "Tag des Herrn" sowie Bilder von Papst Franziskus und Bischof Heiner Koch werden in das Kupfergefäß gegeben. Auf einer Urkunde ist auch noch einmal die wechselvolle Geschichte der Gemeinde zusammengefasst.

Und ein Gemeindemitglied hat ein handgeschriebenes Notenblatt dazugegeben. Kirchenmusikdirektor Kurt Grahl hat die Melodie zu "Wenn das Brot, das wir teilen..." geschrieben. Jetzt kommt das signierte Notenblatt mit dem Lied aus dem Jahr 1981 in die Grundsteinkapsel. "Dann hat Gott unter uns schon sein Haus gebaut, dann wohnt er schon in unserer Welt", heißt es im Refrain.

Trotz des schlechten Wetters waren zahlreiche Menschen zur Grundsteinlegung gekommen.
Bild: ©Markus Kremser

Trotz des schlechten Wetters waren zahlreiche Menschen zur Grundsteinlegung gekommen.

Die Leipziger bauen jetzt, mehr als 20 Jahre nach dem Ende des real existierenden Sozialismus, wieder ein Gotteshaus in die Mitte der Stadt. 15 Millionen wird der Bau kosten, 5 Millionen davon sind Spenden von Katholiken aus ganz Deutschland.

Bis zum Spätherbst 2014 soll alles fertig sein. Dass der Zeitplan "sehr ambitioniert ist", wissen auch die Architekten Ansgar und Benedikt Schulz. Sie haben den Kirchenbau entworfen. Der entsteht nicht am Standort der alten Kirche. Dort steht seit vielen Jahren eine Schule.

Weihwasser und Hammerschläge

Der neue Standort ist aber wieder in unmittelbarer Nähe zum alten Rathaus. Der Baugrund ist dieses Mal gut ausgesucht und geprüft. Archäologen haben vorher noch gesucht, ob sich Relikte der Leipziger Geschichte im Boden finden. Im Mai oder Juni werden die Leipziger erstmals die Wände der neuen Kirche über den Bauzaun wachsen sehen.

Auf der Baustelle verschwindet schließlich die Kupferkapsel im Grundstein. Mit Weihwasser segnet Bischof Heiner Koch den Grundstein und fügt schließlich den letzten Stein mit drei Hammerschlägen ein.

Der Grundstein ist gelegt. "Auch wenn es mehr eine Grundsteintaufe war", sagt der Bischof scherzend, um dann ernst aber freudig das Projekt in wenigen Worten zusammenzufassen: "Wir bauen hier ein Denkmal. Das sagt 'Denk mal an Gott!'"

Von Markus Kremser