Kirche kann Faktor in Gesundheitsprävention sein

Wissenschaftler zeigen: Predigten wirken – aber nicht lange

Veröffentlicht am 03.01.2020 um 13:03 Uhr – Lesedauer: 

Chimbote/Lima ‐ Gläubige hören auf Ratschläge von Priestern und setzen sie unmittelbar um: Das haben Wissenschaftler mit einem Versuch herausgefunden. Um die Qualität der Predigten ging es in der Studie aber nicht – die Mediziner wollten etwas anderes wissen.

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Wenn Pfarrer predigen, kommt das an – jedenfalls kurzfristig: Fordern Priester in der Messe zu gesunder Ernährung auf, hat das unmittelbare Auswirkung auf Konsumentscheidungen der Gottesdienstbesucher, wie Mediziner in einer in der Fachzeitschrift "Annals of Behavioral Medicine" veröffentlichten Studie herausgefunden haben. Der Artikel mit dem Titel "The Effect of a Priest-Led Intervention on the Choice and Preference of Soda Beverages" ("Der Effekt von von Priestern ausgehenden Interventionen auf die Wahl und Präferenz von Limonaden") beschreibt eine Maßnahme, um den übermäßigen Konsum zuckerhaltiger Getränke in Lateinamerika einzudämmen.

In der Studie wurden in zufällig ausgewählten Pfarreien im nordperuanischen Bistum Chimbote Pfarrer aufgefordert, am Ende der Predigt einen Hinweis auf gesunde Ernährung zu verlesen: Mit Verweis auf den hohen Stellenwert der Familie wurden die Mitfeiernden aufgefordert, auf die eigene Gesundheit und die der Familienmitglieder zu achten. Insbesondere gelte dies bei der Auswahl von Getränken. "Ich als Priester möchte euch einladen, euch zu ändern", heißt es in dem Text: "Lasst uns die Gesundheit wählen, lasst uns Wasser und zuckerfreie Getränke wählen!" Bei der Formulierung wurden neben Humanwissenschaftlern auch Geistliche und Gemeindemitglieder beteiligt.

Sofort nach dem Gottesdienst weniger Limonade

Im Anschluss an den Gottesdienst wurden den Besuchern Wasser und Limonade angeboten. Tatsächlich entschieden sich in den Pfarreien, in denen die Aufforderung durch die Priester verlesen wurde, acht bis elf Prozent mehr für Wasser statt Limonade als in den Gemeinden ohne Gesundheitshinweis. Die Wirkung verblasste mit der Zeit; nach zwei Wochen war nur noch ein Unterschied von zwei Prozent zwischen den Gruppen festzustellen.

Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Einbeziehung religiöser Gruppen in Strategien zur öffentlichen Gesundheitspflege ein lohnenswerter Ansatz sein kann. Insbesondere die katholische Kirche als wichtige Akteurin in den lateinamerikanischen Gesellschaften könne einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsprävention leisten.

Hintergrund der Forschung ist das besonders in Südamerika grassierende Problem von hohem Konsum zuckerhaltiger Getränke. Die Andenregion gehört nach Angaben der Studie mit einem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 84,4 Litern Limonade zu den Regionen mit dem weltweit höchsten Zuckerkonsum. Weltweit stünden jährlich 655.000 Todesfälle im Zusammenhang mit dem übermäßigen Verzehr zuckerhaltiger Getränke. (fxn)