Nach Kritik an Umwandlung zur Moschee

Regierungssprecher: Papst Franziskus in Hagia Sophia eingeladen

Veröffentlicht am 22.07.2020 um 10:58 Uhr – Lesedauer: 

Istanbul ‐ Der Papst ist in der Hagia Sophia willkommen – auch wenn die ehemals christliche Kirche nun wieder eine Moschee wird. So reagiert die türkische Regierung auf Kritik von Papst Franziskus an der international umstrittenen Entscheidung.

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Papst Franziskus ist in der zur Moschee umgewandelten Hagia Sophia jederzeit willkommen. Das sagte der Sprecher des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, İbrahim Kalın, laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Wochenende. Die ehemalige christliche Kirche, die bisher als Museum genutzt wurde, sei weiterhin "absolut offen für alle – Gläubige, Nicht-Gläubige, Muslime, Christen und Buddhisten". Die Türkei lade "jeden ein, den Papst eingeschlossen". Auch bestehe keine Gefahr für die Mosaike mit christlichen Darstellungen. Man treffe Vorkehrungen, um sie während muslimischer Gebete zu bedecken, sie würden aber nicht angetastet. 

Verschiedene Medien hatten berichtet, Erdoğan habe den Papst zum ersten Freitagsgebet in der Moschee eingeladen. Auf Anfrage der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) erklärte die türkische Botschaft beim Heiligen Stuhl, dass es keine offizielle Einladung gebe. Zur Frage, ob generell die Anwesenheit nichtmuslimischer Vertreter gewünscht sei, gab die Botschaft keinen Kommentar ab.

Kalın betonte, dass religiöse Minderheiten in der Türkei die gleichen Rechte wie alle anderen hätten. Kritik an der Umwidmung der Hagia Sophia zur Moschee gründeten auf "alten Annahmen und Vorurteilen". Am Sonntag zuvor hatte sich Papst Franziskus in seiner Ansprache zum Angelus-Gebet überraschend zur Umwidmung des Gebäudes in eine Moschee geäußert. Er empfinde "großen Schmerz" wenn er an die Hagia Sophia denke, sagte er abweichend von seinem Redemanuskript, ging aber nicht weiter darauf ein.

Hilfswerke sehen Religionsfreiheit in der Türkei als bedroht an

Das erste Freitagsgebet in der Hagia Sophia soll in dieser Woche stattfinden. Ein Dekret zur Umnutzung hatte Präsident Erdoğan nach einem Urteil des Obersten Verwaltungsgerichts unterzeichnet, das eine Änderung des Status erlaubt hatte. Bei christlichen Vertretern auf der ganzen Welt stieß die Entscheidung auf Unverständnis und Empörung, auch die Deutsche Bischofskonferenz und das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken äußerten sich besorgt.

Die türkische Regierung betont stets, dass sie die Religionsfreiheit im Land nicht als gefährdet sieht. Zuletzt hatte die Regierungspartei ein Dossier veröffentlicht, in dem sie angebliche Verbesserungen der Religionsfreiheit aus ihrer 18-jährigen Regierungszeit präsentierte. Kirchliche Hilfswerke wie Kirche in Not und missio sowie staatliche Beobachtungsstellen wie die Kommission für internationale Religionsfreiheit des US-Außenministeriums (USCIRF) stellen die Situation anders da. In ihrem jüngsten Bericht bezeichnete USCIRF die Lage als "besorgniserregend", da die "restriktive und aufdringliche Regierungspolitik" in Bezug auf die religiöse Praxis fortgesetzt worden sei und die Zahl der Fälle von Vandalismus und Gewalt gegen religiöse Minderheiten deutlich zugenommen habe.

Die Hagia Sophia prägt das Stadtbild Istanbuls und wurde stilbildend für die Architektur von Moscheen. Ursprünglich war das 537 geweihte Gotteshaus als Reichskirche von Byzanz die größte Kirche des Christentums. Nach der Eroberung des heutigen Istanbuls durch die Osmanen war sie ab 1433 Moschee, bis sie 1934 zum Museum wurde. 2014 hatte Papst Franziskus die Hagia Sophia im Rahmen seines Istanbul-Besuchs besichtigt. (fxn)