Die polnische Mystikerin Faustyna Kowalska

Botschafterin der Barmherzigkeit

Veröffentlicht am 05.10.2013 um 00:00 Uhr – Von Ludwig Ring-Eifel (KNA) – Lesedauer: 
Botschafterin der Barmherzigkeit
Bild: © KNA
Gedenktag

Berlin ‐ Die polnische Mystikerin Faustyna Kowalska hatte kurz vor ihrem Tod 1938 die Vision eines schrecklichen Krieges. Berühmt geworden ist sie aber wegen einer anderen Vision und des daraus entstandenen Andachtsbilds.

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Doch nicht wegen hellseherischer Fähigkeiten in der Politik ist die Frau weltbekannt geworden, die mittlerweile als Heilige Faustyna Kowalska von Katholiken in allen Erdteilen verehrt wird. Ihre Botschaft war eine ganz andere, sehr viel grundlegendere. Sie sah sich auserwählt, der Menschheit zu verkünden, wie Gottes Barmherzigkeit die Menschen erreicht, und sie verspürte den Auftrag, dies mit einem ganz konkreten Bild von Jesus zu tun.

Das Bild ist heute als Andachtsbild in kleinen und großen Formaten millionenfach verbreitet. Es zeigt einen segnenden Jesus Christus, von dessen Herz intensiv leuchtende Strahlen in den Farben von Blut und Wasser ausgehen - als Sinnbild für die Liebe Gottes, die alles Böse in der Welt und in den Menschen überstrahlt und reinigt. Darunter stehen die Worte "Jesus, auf dich vertraue ich". Und für Menschen, die gelernt haben, sich auf diesem Weg der barmherzigen Liebe Gottes anzuvertrauen, sind sie gewissermaßen ein Schlüssel zum Himmel.

Diese Form der Frömmigkeit ist heute weit über Osteuropa hinaus verbreitet

Dass diese Form der Christusfrömmigkeit heute nicht nur in Osteuropa und in Nordamerika, sondern in vielen anderen Ländern verbreitet ist, hat zunächst mit Schwester Faustyna zu tun, deren Leben ebenso unspektakulär endete wie es zuvor verlaufen war. Schon 1924 bat die damals 19-Jährige nach einer Jesus-Vision bei verschiedenen Klöstern um Aufnahme als Nonne, die Gelübde durfte sie aber erst 1928 ablegen.

Sie arbeitete als Köchin und später als Gärtnerin. Sie war bereits an Tuberkulose erkrankt, als Jesus ihr 1931 erschien und ihr auftrug, das berühmte Gemälde anzufertigen, das ihn als lebendige Quelle der göttlichen Barmherzigkeit zeigt. Es dauerte mehr als drei Jahre, bevor sie dies, mit Hilfe ihres Beichtvaters und eines professionellen Malers umsetzen konnte.

Bild: ©KNA

Das Originalbild des "Barmherzigen Jesus" hängt einer Kirche des heute litauischen Vilnius. Der "Barmherzige Jesus" ist ein Gemälde nach der Beschreibung der heiligen Faustyna Kowalska (1905–1938). Die Vision der polnischen Ordensfrau wurde insgesamt dreimal künstlerisch umgesetzt.

Der Beichtvater war zunächst misstrauisch und ließ sie psychiatrisch untersuchen, doch danach wurde er einer ihrer überzeugtesten Fürsprecher. Das Original des "Barmherzigkeits-Jesus" hängt noch immer in einer Kirche im heute litauischen Vilnius. Doch das Bild allein genügte nicht. In ihren Visionen sah sie sich beauftragt, dafür einzutreten, dass die katholische Kirche einen eigenen Barmherzigkeits-Sonntag einführte, um den Gläubigen überall auf der Welt dieses zentrale Geheimnis näherzubringen.

Eigenen Rosenkranz entwickelt

1935 wurde erstmals ein solcher Sonntag in Vilnius - damals zu Polen gehörig - gefeiert. Aber erst 65 Jahre später führte der polnische Papst Johannes Paul II. diesen Tag für die gesamte katholische Weltkirche ein. Er wird seither immer am ersten Sonntag nach Ostern begangen - jenem Tag, der früher als "Weißer Sonntag" für die Erstkommunionfeiern reserviert war. Zusätzlich zu dieser liturgischen Feier entwickelte Schwester Faustyna auch noch einen eigenen Barmherzigkeits-Rosenkranz. In diesem Gebet werden statt der Formel "Gegrüßet seist du Maria" die Anrufungen an die göttliche Barmherzigkeit viele Male wiederholt.

Nach dem Tod der Ordensfrau verbreiteten sich die Barmherzigkeits-Andachtsbilder, der besondere Rosenkranz, aber auch Auszüge aus ihren mystischen Tagebüchern rasch. Besonders im besetzten Polen fanden viele Menschen Trost in dieser Form der Frömmigkeit. Paradoxerweise führte gerade die rasche Ausbreitung dazu, dass 1959 der Papst den "Barmherzigkeitskult nach Art der Schwester Faustyna" verbot. Die Römische Glaubenskongregation hatte auf der Grundlage einer ungenauen Übersetzung in den Tagebüchern Passagen gefunden, die sie als nicht rechtgläubig einstufte.

Der Krakauer Erzbischof Karol Wojtyla, in dessen Bistum Faustyna gestorben war und hoch verehrt wurde, leitete dennoch bereits 1965 erste Ermittlungen für eine spätere Seligsprechung ein. Seine zweite Enzyklika "Dives in misericordia" (1980) widmete er ganz der göttlichen Barmherzigkeit und griff darin implizit das Denken der Ordensfrau auf. Er war es auch, der die Mystikerin 1993 selig und im Heiligen Jahr 2000 heiligsprach.

Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)