Brisante Enthüllungen über Spott und Lästereien

Wie ernst nimmt Donald Trump seine religiösen Anhänger?

Veröffentlicht am 07.10.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Washington ‐ Donald Trump stilisiert sich gerne als Verteidiger christlicher Werte. Doch laut früheren Mitarbeitern macht sich der US-Präsident privat über seine religiösen Anhänger lustig. Dabei könnten gerade diese bei der anstehenden Wahl wichtig für ihn sein.

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Als Michael Cohen, der Ex-Hausanwalt des Präsidenten, noch den Status eines Mitglieds der Familie hatte, redete Donald Trump mit ihm offenbar ohne Blatt vor dem Mund über andere. So auch an dem Tag 2015, als er Cohen laut Recherchen des Magazins "The Atlantic" in sein Büro rief, um ihm einen Artikel über einen evangelikalen Prediger zu zeigen.

Darin war beschrieben, wie Megakirchenführer Creflo Dollar seine Anhänger davon überzeugte, dringend einen Privatjet für 60 Millionen Dollar zu benötigen, um das Wort Gottes besser verkünden zu können. Trump kannte Dollar von einem Treffen mit evangelikalen Führern 2011.

Ex-Vertrauter spricht von "Zynismus und Verachtung"

Der im Unfrieden von Trump geschiedene Cohen, der zurzeit wegen seiner Rolle bei den Schweigegeld-Zahlungen für die Sexdarstellerin Stormy Daniels eine Haftstrafe verbüßt, berichtete weiter, Trump sei amüsiert darüber gewesen, wie der Prediger den Leuten das Geld aus der Tasche gezogen habe. "Das sind alles Gauner", habe er gesagt.

Ein Satz, der für sich genommen nicht viel bedeuten muss. Zumal er von jemandem stammt, der in dem Bestseller "Disloyal" öffentlich mit dem Präsidenten abrechnet. Doch Cohen ist nicht der einzige Zeuge, der aussagt, dass sich Trump öffentlich zum Verteidiger religiöser Werte aufschwinge, privat aber oft "mit Zynismus und Verachtung" über Gläubige spreche.

Das Magazin beruft sich auf mehrere "frühere Mitarbeiter", die sagen, Trump gebrauche "comichafte Stereotypen", um verschiedene Religionsgemeinschaften zu beschreiben. Und er "verspottet bestimmte Riten und Glaubenslehren, die vielen Amerikaner heilig sind, die seine Basis ausmachen".

Bild: ©picture alliance/AP Photo/Gerry Broome (Archivbild)

Donald Trump und die Evangelikalen: Wie steht der US-Präsident privat zu seinen gläubigen Anhängern?

Der frühere Sprecher Trumps im Weißen Haus, Anthony Scaramucci, twitterte einen Link zu der "Atlantic"-Geschichte und bestätigte die Informationen mit dem Zusatz "wahr". Alleine zu den Predigern des "Wohlstands-Evangeliums" empfinde er eine Art Seelen-Verwandschaft. Eine davon, Paula White, dient als Chefberaterin im Weißen Haus.

"The Atlantic" zitiert auch einen früheren Wahlkampfmanager Trumps zu dessen Verhältnis zur christlichen Rechten. Der Präsident wisse, dass er diese Wähler brauche, um an die Macht zu kommen und dort zu bleiben. Deshalb habe er die Beziehungen kultiviert.

Trump braucht die religiöse Rechte

Umgekehrt hätten viele Führer der Evangelikalen verstanden, dass Trump kein religiöser Mensch sei. Das gehe aus dem Audio-Mitschnitt eines Treffens im September 2016 hervor, auf den sich der Artikel beruft. Daran nahmen neben Trump unter anderem Talkradio-Moderator Eric Metaxas, der Chefpastor der First Baptist Kirche in Dallas, Robert Jeffress, und der evangelikale Theologe Wayne Grudem teil.

Trump habe gegenüber den Kirchenführern eingeräumt, "die Bibel nicht so gut zu kennen, wie andere Leute" und habe dann über Mike Pence gescherzt, der ihn eingeladen habe, sein Haupt zum Gebet zu neigen. "Entschuldige bitte", habe er gesagt: "Ich bin das nicht gewohnt."

Auch Angehörige seiner eigenen Familie halten die Rolle des Präsidenten als Verteidiger der Religion für bloßes Kalkül. "Wann immer ich ihn neben einer Gruppe von Pastoren stehen sehe, die ihm die Hand auflegen, sehe ich eine Sprechblase mit den Worten: 'Was für arme Schlucker'", erzählte Nichte Mary Trump, die mit ihrem Bestseller "To much and never enough" für Aufsehen sorgte

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Seine Sprecherin bezeichnete seine Wahl kürzlich als gottgewollt, für sich selbst ist er der "beste Präsident, den Gott jemals geschaffen hat". Der religionspolitische Einschlag von Donald Trump trifft allerdings auch die katholische Kirche – und fordert die Bischöfe zum Widerspruch auf.

.Sie veröffentlichte auch Audio-Mitschnitte, in denen Trumps ältere Schwester, Maryanne Trump Barry, ihren Bruder als "grausamen" Mann "ohne Prinzipien" bezeichnet. In den 2018 und 2019 aufgenommenen Gesprächen äußerte auch sie sich verwundert über den Pakt mit der christlichen Rechten.

"Alles, was er will, ist seine Basis zu befriedigen", ergänzte die pensionierte Bundesrichterin Trump Barry. Um ihn dann wegen in Käfigen festgehaltener Flüchtlingskinder zu kritisieren: "Wenn er eine religiöse Person wäre, würde er Menschen helfen – und nicht so etwas."

Ein Sprecher des Weißen Hauses wies alle Berichte zurück: "Gläubige wissen, dass Präsident Trump ein Champion für religiöse Freiheit ist und die Heiligkeit des Lebens, und entschlossen gehandelt hat, sie zu unterstützen und ihre Freiheit zu beten zu schützen."

Von Bernd Tenhage (KNA)