Theologe stellt Wunder-Nachweis bei Heiligsprechungen in Frage
Der Frankfurter Pastoraltheologe Wolfgang Beck stellt den Wunder-Nachweis bei kirchlichen Heiligsprechungsprozessen in Frage. Auch wenn Lebenswege wie der des am Wochenende seliggesprochenen, als "Cyber-Apostel" verehrten Carlo Acutis eine Vorbildfunktion für Jugendliche hätten, so seien einige "Facetten in solchen Prozessen" eher fragwürdig, sagte Beck dem Kölner Portal domradio.de am Montagabend. "Das gilt auch für die Annahme, es brauche unbedingt ein Wunder, sei es noch so seltsam, um die 'Heiligmäßigkeit' eines Heiliggesprochenen oder Seliggesprochenen nachzuweisen." Dies sei mittlerweile sehr umstritten. Becks Meinung nach scheint das nicht zwingend nötig und auch nicht unbedingt hilfreich für die Heiligenverehrung zu sein.
Der italienische Junge Carlo Acutis war am Samstag in Assisi seliggesprochen worden. Acutis wird von Anhängern in aller Welt als frommes Computergenie verehrt. Er zeigte eine frühe Begabung für Informatik und erstellte als Autodidakt mehrere Internetseiten zu religiösen Themen. Seine ausgeprägte Liebe zur Eucharistie, die er als "Autobahn in den Himmel" bezeichnete, machte ihn international bekannt.
Noch einige Tage ist der Leichnam des neuen Seligen Carlo Acutis in Assisi zur Verehrung ausgestellt.
Als der Katholik erfuhr, dass er unheilbar an Leukämie erkrankt war, widmete er sich ganz dem Papst und der Kirche. Acutis starb mit 15 Jahren am 12. Oktober 2006 und wurde seinem Wunsch entsprechend in Assisi bestattet. Beim Weltjugendtag 2013 in Rio de Janeiro bezeichnete man ihn bei der Vorstellung seiner Lebensgeschichte als möglichen "Patron des Internet". Es sind jedoch noch andere Heilige, wie Isidor von Sevilla für dieses Patronat im Gespräch.
2018 erkannte ihm der Papst aufgrund seines Lebenswandels den heroischen Tugendgrad zu. Im Februar 2020 folgte die päpstliche Anerkennung eines auf Fürsprache von Acutis bewirkten Wunders. Demnach wurde ein brasilianisches Kind auf medizinisch unerklärliche Weise geheilt.
Der Leichnam des neuen Seligen bleibt in Assisi noch einige Tage öffentlich aufgebahrt. Durch die gläserne Front des Hochsargs können Pilger den mit Jeans, Sneakern und Sweatshirt bekleideten Körper bis 17. Oktober besichtigen. (rom/KNA)
