Staatsanwaltschaft hat Verfahren eingestellt

Ex-Generalvikar redet erstmals über Entführungsvorwurf

Veröffentlicht am 02.03.2021 um 13:42 Uhr – Lesedauer: 

Lugano ‐ Monatelang stand der ehemalige Generalvikar von Lugano unter Verdacht, eine Frau in seiner Wohnung gefangen gehalten zu haben. Vergangene Woche wurde er entlastet. Erstmals berichtet er jetzt, wie es ihm mit den Vorwürfen und dem Medienrummel ging.

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Der ehemalige Generalvikar von Lugano, Azzolino Chiappini, hat sich erstmals selbst zu den mittlerweile ausgeräumten Vorwürfen geäußert, er habe eine Frau zwölf Jahre lang in seiner Wohnung gefangen gehalten. In einem Interview mit dem Schweizer Sender RSI bestätigt er am Dienstag Medienberichte, denen zufolge bei ihm seit Jahren eine Frau finnischer Herkunft lebt. Die Aussage der Frau habe entscheidend dazu beigetragen, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den 80-Jährigen eingestellt hatte. "Sie hat klar gesagt, dass sie frei ist und nicht meine Gefangene, und dass sie sich aus freien Stücken in meiner Wohnung aufhält", so Chiappini.

Die Zeit des Verfahrens beschreibt er im Interview als schwierig: "Mit 80 denkt man, man hätte alles schon erlebt, und dann landet man für drei Tage im Gefängnis", berichtet Chiappini von seiner Haft, aus der er aufgrund seines Alters schnell wieder entlassen wurde. "Es waren schwere Momente, vor allem wegen der Veröffentlichungen in den Medien. Aber ich war auch gelassen, weil ich wusste, dass ich nichts verbrochen und nichts strafrechtlich Relevantes getan habe."

Freundschaftliches Verhältnis zu der Frau

Das Verhältnis zu der Frau in seiner Wohnung beschreibt er als freundschaftlich. "Darüber hinaus gibt es aber nichts zwischen uns", betont der Geistliche. Die Finnin habe ihn zunächst mit ihren Fremdsprachenkenntnissen und bei der Hausarbeit unterstützt. Später habe sie die Wohnung nicht mehr verlassen wollen. "Sie hatte aufgrund von Müdigkeit und Erschöpfung Probleme, das Haus zu verlassen, und sie wollte auch nicht, dass jemand das Haus betritt", erläutert Chiappini. Deshalb habe er sie abgeschirmt und auch Handwerkern den Zutritt verweigert. So sei das Missverständnis entstanden. Geheim gehalten habe er es nicht, dass die Frau bei ihm wohnt, auch das Bistum habe Bescheid gewusst. Hilfsangebote seitens der Diözese waren laut dem Bistum von Chiappini abgelehnt worden.

Im November war der ehemalige Generalvikar zunächst verhaftet worden, weil die 48-Jährige in seiner Wohnung entdeckt wurde und zunächst angenommen wurde, dass sie sich dort nicht freiwillig aufhielte. In der vergangenen Woche hatte die Staatsanwaltschaft das Verfahren eingestellt. Der Geistliche hat seine Ämter in der Diözese und seinen Lehrauftrag an der theologischen Fakultät Lugano niedergelegt. (fxn)

(katholisch.de hatte in der Berichterstattung über den Fall den Namen des Betroffenen bisher nicht genannt. Nachdem er nun selbst an die Öffentlichkeit tritt, nennen wir auch den Namen.)